Volltext: Allgemeine Einführung in das Steuerwesen (I. Teil /1909)

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Die Staatsschulden und die Benützung des öffentlichen 
Aredits überhaupt. 
In diesen Akkumulations- und Reproduktionsprozeß greift nun der 
Fiskus mit zwei Faktoren ein: mit der Steuer und mit der Staatsschuld. 
Werden neue Staatsschulden ausgenommen, so heißt dies: Ein 
Teil der Akkumulationsmasse, die der Steigerung der privaten Wirt 
schaft dienen sollte, wird dieser entzogen und dem Staate zugeführt. 
Das heißt klipp und klar: In diesem Ausmaß keine privaten Be 
triebsvergrößerungen, keine neuen Privatbetriebe, keine vermehrte 
Arbeitsgelegenheit bei diesen! 
Das würde an sich noch nichts sagen. 
Es entscheidet erst die Verwendung der Anleihe. Sie 
dient entweder dazu, den militärisch-bureaukratischen Machtapparat zu 
füttern —; dann sind diese Kapitalmassen definitiv für die Wirtschaft 
verloren; oder sie dient dazu, Wirtschaftsbetriebe vom 
Staate begründen und erweitern zu lassen — dann sind sie der 
Reproduktion erhalten, nur mit dem Unterschied, daß sie nicht mehr- 
privater Mehrwertbildung dienen, sondern verstaatlicht oder ver 
gesellschaftet sind. 
Im ersten Falle erhält der Staatsgläubiger seine Coupons 
ausschließlich aus den zu erhöhenden Steuern, im letzteren 
Falle erhält er sie als Zins von dem Betriebsertägnis der Staats 
betriebe, während dem Staate der Profit bleibt und eventuell die 
Steuerlast herabzusetzen gestattet. 
Nach diesen bekannten Unterscheidungen wird sich auch das 
Urteil über Staatsschulden unterscheiden. Wir trennen die wirt 
schaftlichen von den unwirtschaftlichen Staatsschulden. Wirtschaftliche 
sind jene, die zum Erwerb und zur Ausgestaltung von Staats 
betrieben dienen, also zum Ausbau der Post- und Telegraphen 
anstalten, der Staatsbahnen, der Staatsbergwerke, der Monopol 
betriebe. Wenn und soweit wir diese Betriebe selbst gutheißen, soweit 
wir die Verstaatlichung billigen, so weit dürfen — von den besonderen 
Verhältnissen und taktischen Motiven abgesehen, die uns verbieten, 
einer konkreten Regierung jeden Kredit zu versagen — auch unsere Ver 
treter in den Parlamenten in konsequenter Folge die Kredite 
genehmigen. Im allgemeinen also: bei Regalien (Post, Telegraphie rc.) 
ja, bei Monopolen (Anleihen zur Einführung des Branntwein- oder 
Tabakmonopols 2c.) nein! 
Doch ist die Entscheidung schwierig, wenn eine indirekte 
Konsumsteuer, wie etwa die Tabaksteuer, ohne Erhöhung bloß in 
ein Monopol umzuwandeln ist. Wo kein Tabakmonopol existiert, herrscht 
zwischen den privaten Tabakfabriken und den Verschleißunternehmungen 
freie Konkurrenz. Die Betriebe sind zersplittert und daher vielfach un 
rationell, sie suchen durch eine äußerst kostspielige Reklame ihre 
Waren an den Mann zu bringen und verschwenden Unsummen für 
Zeitungsankündigungen, für anlockende Verpackung, für tausenderlei 
angeblicher Qualitätsunterschiede, für stattliche Verkaufshallen, für 
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