Volltext: Luther und das Landl

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Die Verbindung mit Wittenberg war damit eingeleitet, und es ist die 
Frau des Hauses gewesen, die dieselbe bis zu Luthers Ableben aufrecht 
erhalten hat, wohl ein einzigartiger Briefwechsel zwischen einer schlichten 
Burgfrau und dem größten Geistesheros unseres Volkes, der nicht »rüde 
wurde, auf alle die großen und kleinen Sorgen dieser seltenen Frau ein 
zugehen, die ihm nicht nur für arme Studenten der Theologie in Witten 
berg 500 Gulden zu Stipendien anwies, sondern gelegentlich auch Luthers 
Küche nrit Quittenkäs und seine Kasse mit 4 Dukaten versorgte. Luther 
wurde nicht nur zur Ordnung von Famtltenstreitigkeiten und Testaments 
abfassung zu Rate gezogen, er sollte auch für die gute Unterbringung der 
Jörger Enkel sorgen, die in Wittenberg studierten. Daneben ging ein 
Briefwechsel Luthers mit dem Schloßprediger lVi. Stiefel, der indessen 
bald nach dem Flammentode Leonhard Kaisers am 16. August 1527 in 
Schärding die gastliche Herberge in Tollet verlassen mußte, nachdem 
er noch Luthers Berichterstatter über den Märtyrertod Kaisers hat sein 
dürfen. 
Schwer vermißte die Schloßfrau ihren Prediger. Im Herbste 1535 
schrieb sie deshalb an Luther, ob sie nicht mit Bewilligung des (kath.) 
Pfarrers für sich und ihr Gesinde einen evangelischen Gottesdienst halten 
lassen dürfe. Da die Berufung eines evangelischen Predigers damals noch 
bei Todesstrafe verboten war, dachte sie wohl daran, selbst oder durch 
ihren Sohn als Hauspriester denselben zu halten. Luthers Weisung 
lautete: „Ihr mögt des Gottesdienstes solange brauchen, bis er mit Ge 
walt gewehrt wird. Zum anderen, laßt euch nicht irren, ob die Prediger 
nicht beschmiert oder beschoren sind vom Wethbischof. Wer gerufen ist, 
der ist geweihet und soll predigen denen, die ihn berufen. Das ist unsers 
Herrn Gottes Wethe und rechter Chresem (Salböl)". 
Während Tollet immer mehr zu einer Herberge evangelischer Herzens 
frömmigkeit und zu einer festen Burg des Augsburgischen Bekenntnisses 
wurde, fühlte sich der älteste Sohn des Hauses, Christoph, der als Regent 
allerlei päpstliche Gebräuche mitmachen mußte, darüber in seinem Gewissen 
wegen Verleugnung des Evangeliums bedrückt. Luther schrieb ihm deshalb 
(31. Dezember 1533): „Warum sollt ihr so leben, daß euch euer Gewissen 
ohne Unterlaß sollt beißen und strafen, auch keine Ruhe lassen? Das wäre 
doch eine Vorburg der Höllen". Er riet ihm, wie bisher daheim bet dem 
Wort zu bleiben und nicht mit anderen öffentlich in Prozession zu opfern. 
Was nicht aus dem Glauben geht, sei Sünde. Der König sei nicht Gottes 
Diener in solchen Sachen, sondern soll selbst Schüler und Untertan sein 
Gottes Wort. 
Auf das hin legte Christoph Jörgen sein Amt nieder und wahrte sein 
Gewissen. So wog in dieser Burg Luthers Wort. Seine Briefe wurden 
wie kostbare Güter aufbewahrt; in der reichhaltigen Bücherei fand sich ein 
Buch von Sarcerius mit dem Vermerk: „Darinnen Doktor Martini 
Lutheri seligen eigene Handschrift" und das Stück im Jörger Archiv, 
welches den Bericht über Luthers Heimgang enthielt, trug die sinnige 
'Aufschrift: „O Gott, verleih uns auch ein seligs End!"
	        
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