Volltext: Illustrierter Braunauer-Kalender 1907 (1907)

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„Ich bin ja so unaussprechlich glücklich. Väterchen." lächelte Marianne unter 
Tränen, „mein Leben lang will ich dirs danken, was du für mich getan!" 
„Dein Glück ist damit nicht zu teuer erkauft, mein Kind. Wenn auch die Leute 
sagen werden, der alte Burkhardt hat sich mit seinem Gelde einen adeligen Schwieger- 
söhn errungen, — ich weiß es doch besser, für das Gluck meines Kindes tat 
Ich wußte schon damals, daß du deinen Arno gern hattest, man brauchte wahrhaftig 
sein großer Menschenkenner zu sein, um das herauszubringen. — na. was blieb mir 
da weiter übrig, als ihm aus der Patsche zu helfen?" 
Jetzt trat Arno herzu, um sich zu verabschieden. 
„Möge der Himmel Sie belohnen für alles, was Sie taten." sagte er bewegt; 
„ich lernte in Ihrem Hause an Gott und — Engel glauben!" 
Er reichte seiner Marianne den Arm. dann bestiegen beide den harrenden 
Wagen, der sie nach der Eisenbahnstation bringen sollte. 
Unter den Hochrufen der Gäste rollte derselbe davon. 
M« Wiedersehe«. 
Novellelte von Ludwig Blümcke. 
„Habe soeben mit dem alten Major gesprochen. Er macht Nachmittag mit 
seinen beiden lustigen Nichten einen Ausslug nach der Klosterrmne. Da sollst Du 
mit. mein Kind, damit Du einmal auf andere Gedanken kommst. So sagte Doktor 
Walter während er der niedlichen kleinen Blondine mit seiner zitterigen, knöchernen 
Hand zärtlich über die Wangen strich. — Erna sah den Vater mit ihren großen, 
schönen, braunen Augen überrascht an. — „Und ich sollte Juch ganz allem M^n, 
Väterchen?" fragte sie mit ihrer hellen Stimme. — — „xSa, es ist abgemacht. 
Ein heftiger Hustenanfall unterbrach den recht leidend aussehenden Doktor. 
- Tiefatmend sichr er dann fort: „Iß schnell Mittag mein Kmd. um em Uhr 
fährt die Kleinbahn nach Klosterberg.^ In enter Stunde seid ihr dort. Um acht Uhr 
^Der"albe Majo^ war ein*jovialer Herr, und seine beiden schönm Nichten waren 
die ausgelassensten Mädel, die man sich nur denken konnte. - Die ernste Erna 
Walter paßte schlecht in diese Gesellschaft. — Sie hatte schon lange nicht mehr 
Herzen gelacht. Die Sorge um den kranken Vater, mit dem sie hier in der bekannten 
Sommerfrische, fern von dem Staub der Großstadt, weilte, ließ sie Lust und Fschh* 
lichkeit vergessen. Wußte sie es ja doch nur zu genau, daß der arme Papa schwind¬ 
süchtig war und nicht mehr lange leben werde. Und sie hing mit so zart liehet Siebe 
M ihm war er jedoch ihr ein und alles auf Erden. Ach, und diese schwere Sorge 
war nicht die einzige, die ihr junges Herz quälte. Da gab es noch etwas Schlimmes, 
etwas sehr Schlimmes. Der Heinrich, ihr treuer Freund und ^ugendgespiele, der 
Jüngling dem sie ihre erste Liebe geschenkt, der ihr Treue geschworen, hatte seinen 
Schwur gebrochen und hatte sich mit einer Anderen. Reicheren. Schweren verlobt. 
Und da sollte sie heute lachen und scherzen mit den lustigen Begleiterinnen, 
tue war erreicht. Es lag lieblich in einem große« 
Buchenwalde. „Hier müssen wir hinauf." sagte der Major. „Ach, ich mochte so
	        
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