freilich, wenn Du es auch hier so machst, wie Du es am Stiftshof gewohnt warst,
dann langt bald dies, bald jenes nicht."
Margaretha wollte gerade eine geharnischte Antwort geben, als der Jungknecht
meldete, daß der Sohn Georg nicht in der Schlafkammer sei und wohl auch gar
nicht die Nacht dort zugebracht haben könne, da das Bett ganz unberührt sei.
Furtner ging rasch mit dem Jungknecht in den Hofraum, wo bereits das
übrige Gesinde mit den Geräten auf die Ankunft Georgs wartete, um gemeinsam
an die Arbeit zu gehen.
Er gab schnell den Dienstboten den Auftrag, einstweilen allein die Arbeit in
Angriff zu nehmen, bis er selbst nachkomme. — Er wollte offenbar unberufene
Zeugen entfernen, denn sein Innerstes bebte vor Erregung über diesen Bruder
Liederlich, der ganze Nächte durchschwärme und sich um den Berghof so viel wie
gar nicht bekümmere.
Margaretha wartete, nachdem das Gesinde abgezogen war, nicht erst den
Ausbruch seines Zornes ab, sondern fiel ihm mit wohlberechneter Entrüstung ins
Wort:
„Der arme Schnrsch, er wird sich den gestrigen Auftritt mit dieser stechen
Dirne zu viel zu Herzen genommen haben — er hat wahrscheinlich im Gasthause
verweilt, bis er vom Ungewitter überrascht wurde und nicht mehr nach Hause konnte.
Er wird-halt zeitig früh auf die Talwiese gegangen sein, um Nachschau zu halten."
„Haha!" lachte Furtner, „auf die Talwiese ist er gegangen — geh, Margaretha,
das glaubst doch selber nicht. Du wirst doch zugestehen, daß es ihn mehr kränken
würde, wenn in Ungarn der Wein mißräte, als wenn das Hochwasser die ganze
Talwiese mitgenommen hätte. Wundert mich gar nicht, wenn ein Mädl wie die
Vroni vor so einem Liederlich, so einem Nichtsnutz einen Abscheu kriegt und lieber
in der Waldhütte bleiben will als auf dem Berghof."
„Was!" kreischte Margaretha vor Zorn, „was, diese freche, scheinheilige Dirne
ziehst Du dem Schurschi vor? Haha! es wäre wohl eine große Ehre, das Kind
einer Rabenmutter, das Kind einer Diebin — versteh mich wohl, einer Diebin zur
Schwiegertochter zu haben!"
„Was sagst Du?" entgegnete Gregor in zurechtweisendem Tone, „das Kind
einer Diebin? Margaretha, bedenk, was Du sprichst — dieses sanfte Wesen soll das
Kind einer Verbrecherin sein?"
„Daß ich nicht lache, — sanftes Wesen! Da sieht man, daß Dich diese Schlange
schon ganz verblendet hat. Diese vermeintliche Sanftmut ist nichts als Scheinheilig¬
keit, mit der sie auch Deinen Vater zu umstricken wußte, während das Blut ihrer
Mutter in ihr steckt, die nichts anders sein konnte als eine liederliche Dirne!"
Die Hände in die Huste stemmend, trat Margaretha mit dem Ausdrucke innerer
Schadenfreude vor Gregor, als dieser kopfschüttelnd auf und ab ging.
„Also, was sagst Du dann?" eiferte sie. — „Nach dem gestrigen Auftritte,
als die Dirne mit dieser Kupplerin, der Lein, unseren Hof verlassen hatte, gehe ich
in ihre Kammer, um unter ihren Sachen nachzusehen, ob nicht etwa auch darunter
etwas zu, finden wäre, was nicht gerade ihr gehört. Wie ich die Kommode aufmach,
was finde ich da ganz hinten im Schubfach? — Eine schwere goldene Kette mit
einem ebenso schweren Kreuz."
„Nun, wahrscheinlich halt ein Andenken vom seligen Vater," bemerkte Gregor
leichthin.
„Laß mich zuerst ausreden, dann kommst Du an die Reihe!" fiel ihm Mar¬
garetha ins Wort. „Die Geschichte war mir verdächtig, weil die Dirne diesen wert¬
vollen Schmuck nie getragen hat. Ich gehe also zur Großdirne, die seit 20 Jahren