Volltext: Illustrierter Braunauer-Kalender 1904 (1904)

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Die telephonische Watsch'n. 
sie Sommerfrischler waren fortgezogen. Ein plötzlicher Wettersturz, der über das 
jj lustige Baumheim dahingerast war, hatte denselben Angst und Schrecken einge¬ 
jagt, so daß sie nichts Eiligeres zu tun hatten, als ihre Koffer zu packen, sich 
schnell zu verabschieden, um mit dem nächsten Zuge aus dem „tückischen" Baumheim, 
wie sie das freundliche Oertchen mit den biederen Bewohnern nannten, fortzukommen, 
denn sie fürchteten, daß sie am Ende gar eingeschneit werden könnten. Nun so schnell geht 
das freilich nicht, aber so ein empfindlicher Städter fürchtet halt gleich das Schlimmste. 
Wie alle Bauern^ des Dörfleius hatte auch der Tonibauer einen Sommer¬ 
frischler zu Gaste, der jetzt ebenso wie seine Kollegen Anstalten traf, so schnell als 
möglich ans dem gefährlichen Bereiche fortzukommen. Alle Vorstellungen des Toni- 
bauers, daß es wieder schönes Wetter geben werde, blieben fruchtlos. Es war auch 
kein Wunder, daß der Tonibauer den Stadtherrn ungern ziehen ließ. Hatte dieser 
doch manche Stunde mit ihm auf dem Bänklein vorm Hause geplaudert und manche 
Ungeheuerlichkeit erzählt, daß dem Tonibauer die Haare zu Berge standen. Ganz 
besonders interessierte er sich fürs Telephon, über welches der vornehme Stadtherr 
genügende Auskunft erteilen konnte, denn er war „Telegraphenherr", wie ihn der 
Tonibauer nannte. Der „Telegrapheuherr" zahlte nicht nur gut, sondern war auch 
ent großer Schalk, welcher das „elektrische Red'n" als Gott weiß was für ein 
Wunderding hinstellte, so daß der Tonibauer und sein Weiß, die Bärbel, Mund und 
Augen aufrissen. Die guten einfachen Leutchen, welche nie über die Heimatgrenze 
hinauskamen, konnten sich's gar nicht vorstellen, wie es möglich sei, durch das 
„Zauberkastl sich mit jemanden, der viele hundert Meilen weit weg wohnte, so 
^b^halten zu können, wie wenn sich derselbe in der nächsten Umgebung befände. 
Allem chr Erstaunen wuchs noch ums Doppelte, als der Stadtherr erzählte, daß man 
durch das „Zauberkastl" auch mit jemanden tüchtig streiten, ja demselben auch ein 
paar tüchtige „Watschn" herunterhauen könne, ohne daß dieser die aerinaste Abnuna 
habe, von wem er plötzlich so bewillkommnet werde. 
Herrgott, das wäre so etwas für den Tonibauer ! Schon feit vielen Jahren 
fuhrt er einen Prozeß mit dem Holzbauer ans dem nächsten Dorfe wegen eines Fu߬ 
steiges über femen „hintern Grund". Selbstredend schob er alle Schuld aus den 
Nachbar, der in seinen Augen ein rechter Dickschädel war und die Sachlage wurde 
immer erbitterter. Wenn er nur den einmal ans Telephon bringen könnte! Dem 
würde ich mit demselben ein paar herunterhauen," eiferte er und spuckte m die 
Hände, „so ein paar, daß ihm Hören und Sehen vergehen würde und aufs Prozeß 
fuhren ntntmer dächte!" 1 v 3 p 
Der Stadtherr war fort, nicht daß er zuvor dem Tonibauer nochmals das 
sonderbare „elektrische Ding" genau erklärt hätte, aber als er außer Sehweite war 
tonnte er stch eines weithin schallenden Lachens nicht enthalten. Im Gehirn des 
Tonibauers jedoch kennten die telephonischen Ideen weiter. Wenn er nur einmal 
Gelegenheit hatte, das seltsame Ding zu sehen! Da würde er sich schon gehörig 
überzeugen, was Wahres au der Geschichte ist. B J B 
Zehnte Gelegenheit sollte sich dem Tonibauer jedoch sehr bald bieten. 
Der Zufall brachte es mit sich, daß er eines Tages in die nächste Kreisstadt fahren 
mußte um ein wichtiges Geschäft abzuschließen, denn der Tonibauer betrieb außer 
seiner Landwirtschaft einen ausgedehnten Kuhhandel. Das war einem großen Stteifä- 
5«u„ .»der flmäffabtiu D6re„ gdmmm, welcher be« ”on? tat't 
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