Volltext: Illustrierter Braunauer-Kalender 1904 (1904)

Nacht durch Studium und Gesellschaft gekürzt. Der Arzt empfahl dem Kranken 
dringend Ruhe, ein Zurückziehen von jeder geistigen Anstrengung. Erwin war 
Minister geworden, in den Freiherrnstand erhoben worden. Seine Partei hatte ihn 
und er seine Partei gehoben. Gleichsam als Abschlagszahlung brachte er einen gegen 
die Klosterfrauen gerichteten Antrag vor das Abgeordnetenhaus. „Bevor diese Ange¬ 
legenheit nicht erledigt sei," meinte die Exzellenz, „sei an eine Schonung seinerseits 
nicht zu denken; der Geist erlaubt keine Schonung. Das Herz wird schon wieder 
zur Ruhe kommen." 
Einige Tage später lag von Felsen schwer krank zu Bette. Die Schmerzen 
waren arg; der Minister suchte sie zu verheimlichen, seine körperlichen Leiden zu 
beschönigen. Klagen ist nicht nobel, ist unmännlich und beweist nur, daß sich der 
Mensch nicht zu beherrschen versteht. Das durfte der Minister nicht scheinen lassen, 
baß auch er ein Gefühl, ein Herz habe. Wozu hat er seit früher Jugend immer 
dagegen angekämpft? Aber die schmerzlichen Empfindungen gruben sich mit sichtlichem 
Zeichen ein ins Angesicht, ins Auge. Das Herz war wirklich ruhiger geworden, aber 
so bedenklich ruhig, daß den behandelnden Aerzten bange wurde um 'das Leben des 
hohen Patienten. Dagegen stieg das Fieber immer mehr. So kam der Sylvester¬ 
abend, die Neujahrsnacht heran. Eine Krankenpflegerin, Schwester Philomena, war
	        
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