Volltext: Illustrierter Braunauer-Kalender 1903 (1903)

4. Stock, der Wächter im 5. Stock — und so fort mit Grazie wie auf einer Frosch¬ 
leiter, das ertrage, wem's gefällt. Für Registratur und Aktenkästen hatten die Er¬ 
bauer dieses Wolkenkratzers mit den zwei feindlichen Windfahnen, wie es scheint, 
vergessen. Zu was etwa so was auch noch! 
Es dämmerte. Ja, ein praktisches Rathhaus müssen wir haben, und das um 
so mehr, als die Sparkassa auch an Raummangel zu leiden begann und mehr Luft, 
Sicht und Bequemlichkeit begehrte. Die alte Schranne, ein Besitzthum der Stadt, 
mitten auf dem Hauptplatz gelegen, — ohnehin nicht mehr zeitgemäß — ist dazu 
wie geschaffen. So kam es auch. 
In der Gemeindeausschußfitzuug am 15. Mai 1901 wurde einstimmig be¬ 
schlossen, an Stelle der alten städtischen Schrannenhalle und des anstoßenden Schuler- 
Hafuer-Hauses ein neues Rathhaus zu bauen. Der Bau wurde im Osfentwege 
ausgeschrieben und der Einreichungstermin auf den 15. Juni festgesetzt. Jetzt ging 
das Abmessen und Plänemachen los, denn nicht Geringes, nicht Kleines und nicht 
Unschönes sollte geschaffen werden, sondern ein moderner, rentabler und allen Be¬ 
dürfnissen entsprechender Kunstbau. Kellerräume für Depots, Sparkassa-Lokalitäten 
im Hochparterre, Gemeinde-Sitzungssaal und Kanzleien im 1. Stock, Wohnungen 
im 2. Stock, eventuell 3. Stock. Der Baumeister hat eine Niederdruckdampfheizung 
vorzusehen. Außerdem hoffte die Gemeindevertretung bei dem Kapitel über Ver- 
interessierung der Baukosten auf Unterbringung ärarischer Aemter, wie z. B. k. k. 
Postamt, k. k. Steuer-Jnspektorat, k. f. Bauamt, k. k. Bezirks-Evidenzhaltungs¬ 
geometer, k. k. Gendarmerie, k. k. Bezirksthierarzt. Alles was lebt und schwebt in 
Braunau und Kanzleien braucht usw., sollte im Rathhaus gastlich und friedlich 
neben-, unter« und übereinander untergebracht werden, Lehrerwohnangen selbstver¬ 
ständlich. Allein, es scheint anders zu kommen, als es gedacht war! 
An der Baukonkurrenz beteiligten sich Mathias Schlager, Baumeister in 
Linz; Ferdinand Burgstaller, Baumeister in Wels; I. Schreins, Baumeister in 
Lambach und Anton Danna, Baumeister in Braunau. Die Offerte und Pläne 
wurden zur Ueberprüfung an Herrn k. k. Baurath Petri nach Linz eingesendet 
und nach öfterem Verbessern und Hin und Her der Bau dem Herrn Baumeister 
Anton Danna in Braunau zugesprochen. Vorläufig wird nur der Vordertrakt 
(zweistöckig) in Ausführung gebracht. Die Planskizze für die Vorderfront ist ver¬ 
faßt von Herrn Joseph Schuhbauer, Architekt und Professor an der k. k. Staats¬ 
gewerbeschule in Salzburg. Der Betrag für obigen Bau ist festgesetzt auf 67 000 K 
und die Bauzeit bis 31. Juli 1903. Die Ueberwachung über den ganzen Bau ist 
Herrn Architekt Schuhbauer übertragen. Das Darlehen zu diesem Baue per 
40000 K von der Sparkasse Braunau wird mit 1/4 °/o amortisiert. 
Wegen Gewinnung der Kellerräumlichkeiten und einer freien Ausfahrt nach 
dem Palmplatz wurde auch das Nachbarhaus, Dafner's Gasthof, von der Gemeinde 
um den Preis von 55.000 Kronen sammt Fundus instructus, erworben. 
In der ersten Maiwoche 1902 begann ber Abbruch ber Schrannenhalle und 
des Schuler-Hafner-Hauses; wenn dieser Kalender die Reise in die Deffentlichkeit 
antritt, dürfte der Bau schon theilweife bemerkbar fein und langsam in die Höhe 
streben. 
Welche Geschicke diesem Rathhause in ber Zukunft bei den trüben Aussichten 
befchieben sein werden, das ist uns glücklicherweile noch verhüllt, jedenfalls wünschen 
wir ruhige, gesegnete Zeiten in der Entwicklung der vielgeprüften und schon arg 
heimgesuchten Grenzstadt am Inn, zum Segen der Stadt im Allgemeinen und zum 
Wohle der Bevölkerung Braunaus im Besonderen. — m —
	        
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