Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in der Neuzeit (7, Die Neuzeit ; Zweite Periode ; 1928)

Die kleineren Zentren 
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tenstadt zu Hebron: der Gräber der Erzväter und anderer altehrwür 
diger Grabmäler. Was aber ringsherum lebendig war, gehörte ent 
weder zu den Unterdrückern oder zu den Unterdrückten. Überall im 
Lande strichen Räuber umher, so daß die Landstraßen nur von ge 
schlossenen Reisegesellschaften unter Schutzgeleit befahren werden 
konnten. 
Das Land, auf das sich noch vor kurzem voll Hoffnung die Blicke 
der gesamten in der Zerstreuung schmachtenden Nation richteten, aus 
dem ihr ein auf erstanden es Jerusalem, ein wieder aufgerichteter Tem 
pel und der in mystischem Glanze erstrahlende König Israels ent 
gegenzuleuchten schien, versank nun aufs neue in seine Jahrtausende 
währende Trauer. Das Land der erhofften Wiedergeburt blieb nach 
wie vor ein Land der Gräber. Die Palästina entgegengebrachte Ver 
ehrung sollte erneut zu einem Kult des Todes, der geweihten Grab 
stätten und unvergeßlichen geschichtlichen Trümmer, zur „Trauer 
um Zion“ werden. Die Söhne des zerstreuten Volkes, die in die alte, 
nationale Heimat zogen, waren durchweg fromme Pilger, die sich von 
dem alleinigen Wunsche leiten ließen, an der „Westmauer“ Tränen 
zu vergießen oder auf den Gräbern der heiligen Männer der Vorzeit 
„sich der Länge nach auszustrecken“. In diesem Reiche der Toten 
konnte es auch kein lebendiges Schrifttum geben. Neben der rabbini- 
schen Scholastik vermochte hier denn auch nur die Kabbala mit ihrer 
an das Jenseits sich klammernden Phantastik und die die Greuel der 
Unterwelt ausmalende „Mussar“-Weisheit Fuß zu fassen. Der einzige 
palästinensische Schriftsteller dieser Zeit, dessen literarische Tätig^- 
keit Spuren hinterlassen hat, ist Chaim Joseph David Asulai (1725 
bis 1807), der, aus Jerusalem gebürtig, viele Jahre hindurch Europa, 
Asien und Afrika als „Meschullach“ bereiste. Auf seinen Reisen 
machte er es sich zur Gewohnheit, allenthalben die jüdischen Büche 
reien auf ihren Bestand hin zu prüfen und Register der Verfasser 
aller Vorgefundenen hebräischen Bücher und Manuskripte zusammen 
zustellen. So entstand sein reichhaltiges, alphabetisch geordnetes bio 
bibliographisches Lexikon „Schern ha’gedolim“, in dessen erstem 
Teile die Lebensbeschreibungen der Schriftsteller enthalten sind, wäh 
rend im zweiten Berichte über ihre Werke gegeben werden (Li 
vorno, 1774—1798). Die Geistesverfassung des Autors, eines kab 
balabeflissenen Rabbiners, verrät sich auf jeder Seite des Lexikons: 
der Charakteristik der Personen sind vielfach Sagen zugrunde gelegt,
	        
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