Volltext: Die älteste Geschichte des jüdischen Volkes (1, Orientalische Periode / 1925)

§ 77. Der Isolierungsprozeß. Die Absonderung der Samaritaner 
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teten, die von Gott an Moses gegebenen und in der von Esra über 
reichten vollständigen Abschrift der Thora dargelegten Gesetze und 
Gebote treu zu befolgen. Die gesamte Volksmenge bekräftigte diese 
Verpflichtung durch ein laut gesprochenes Gelöbnis. So ward das 
Volk auf die neue Verfassung vereidigt. In dem schriftlichen Ver 
trag waren unter anderem folgende Hauptverpflichtungen erwähnt: 
i. keine Ehen mit Heiden einzugehen 1 ), 2. die Sabbatruhe streng 
zu wahren und an diesem Tag jeden Handel zu unterlassen, 3. das 
Gesetz vom siebenten Jahre („Schemita“), in dem das Land brach 
liegen und alle Eigentumsansprüche ruhen sollten, zu halten, 
4. eine besondere Kopfsteuer für den Unterhalt des Tempels und 
für den Opferdienst zu entrichten, 5. den Priestern und Leviten 
einen gewissen Teil des Brot-, Gemüse- und Obstertrages (den 
levitischen Zehnten) zu geben, wobei alle durch diese Naturalabgabe 
gebildeten Vorräte in besonderen, dem Tempel angehörenden Scheu 
nen aufbewahrt und unter die Tempeldiener laut den Bestimmun 
gen des Priesterkodex verteilt werden sollten. 
<S 77. Der Isolierunqsprozeß. Die Absonderunq der Samaritaner 
(um 432—420; 
Die auf die Befestigung der national-geistigen Eigenart des 
Judentums gerichteten Reformen Esras und Nehemias bürgerten 
sich nicht sogleich im Volksleben ein. Solange Nehemia in Judäa 
Statthalter war, hielt er die reformierte Lebensordnung durch 
seine Regentenautorität aufrecht. Als er aber nach zwölfjähriger 
Verwaltung Judäas nach der Hauptstadt Persiens, an den Hof 
Artaxerxes’, zurückberufen wurde (433), geriet die mit so großer 
Mühe ins Leben gerufene neue Ordnung in Judäa wieder ins 
*) Daß es bis zum babylonischen Exil kein die Ehen mit Heiden unter 
sagendes Gesetz gab, ist aus den zahlreichen Fällen solcher Eheschließungen (so 
gar in den königlichen Familien) zu ersehen, die in der Bibel durchaus nicht als 
gesetzwidrige Erscheinungen verzeichnet werden. Die von der Verfassung be 
kräftigte Reform Esras stellt daher einen neuen Gesetzgebungsakt dar, der in 
außerordentlicher Form vollzogen wurde, als eine für die Erhaltung der Nation 
unentbehrliche Maßregel. Erst im Zusammenhang mit dieser Reform wurden, wie 
es scheint, jene Stellen in den Thoratext eingefügt, die auf die Gefährlichkeit 
der Mischehen für die israelitische Religion hinweisen (Ex. 34, 16; Deutr. 7, 
3 f.). Diese Stellen mögen von Esra öffentlich aus dem ,,Buche der Thora 
Moses“ verlesen worden sein, um sodann in die endgültige Fassung der Thora 
aufgenommen zu werden.
	        
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