Volltext: Die älteste Geschichte des jüdischen Volkes (1, Orientalische Periode / 1925)

§ 65. Allgemeine Übersicht 
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Der Fall des judäischen Reiches machte der Jugendperiode des 
hebräischen Volkes ein Ende. Diese Epoche begann mit dem Einzug 
der nomadisierenden „Kinder Israels“ in Kanaan und endete mit 
ihrer Verschleppung in die babylonische Gefangenschaft. Zwischen 
diesen zwei Zeitpunkten liegt eine siebenhundertjährige Epoche, die 
von großen Ereignissen im politischen und geistigen Leben der 
Nation ausgefüllt war. Es wurde das Landgebiet auf den beiden 
Ufern des Jordan erobert, zwischen den zwei Weltmächten Meso 
potamien und Ägypten; die dort ansässig gewordenen Gruppen der 
„Israeliten“ verschmolzen allmählich zu einem einheitlichen Volke; 
wie ein glänzender Meteor flammt die Epoche der ersten Könige 
der Gesamtnation auf; aber gleich darauf spaltet sich das vereinigte 
Reich in zwei Teile; immer schärfer wird der politische und kul 
turelle Kampf inner- und außerhalb des israelitisch-judäischen 
Reiches; es ertönen die unsterblichen Reden der Propheten, die die 
Seele des alten Judaismus schaffen; der herbeieilende Gebieter 
Asiens, Assyrien, verschlingt das nordisraelitische Reich mit einem 
großen Teil seiner Bevölkerung, und anderthalb Jahrhunderte später 
verwüstet sein Nachfolger, Babylonien, das südliche Reich Juda, zer 
streut und vertreibt die Blüte des Volkes. An den Flüssen Babylons, 
der Wiege des Semitentums, beweinen die Gefangenen die dahin 
geschwundene Jugendherrlichkeit der Nation. Der geschichtliche 
Kreis schließt sich nun: die Nachkommen der sagenhaften 
Generationen Abrahams und Moses', die im Morgengrauen der 
Geschichte die Ufer des Euphrat und Nil verlassen hatten, kehren 
nun an die Ufer dieser Flüsse zurück, die einen als Gefangene 
und Verbannte, die anderen als freiwillige Auswanderer. So ent 
stand die jüdische Diaspora, eine neue Form des ehemaligen 
Nomadendaseins.
	        
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