Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

Zu den dogmatischen Denkern verhält sich Jacob! wie das reli 
giöse Gefühl zu dem bloßen Verstände; zu den kritischen Denkern 
verhält er sich wie das bloße Gefühl zu dem überlegenen Ver 
stände, der die Tiefe der menschlichen Seele durchschaut und die 
Thatsachen des Gefühls einsieht. Ehe aus der dogmatischen 
Philosophie, welche die Erkenntniß der Dinge sein will, die kri 
tische Philosophie oder die menschliche Selbsterkenntniß hervorge 
hen konnte, mußte das menschliche Selbstgefühl gleichsam 
als mittlerer Durchgangspunkt hervortreten, und diesen Durch 
gangspunkt eben bezeichnet Jacobi. Er selbst ist noch nicht kri 
tisch , sondern er macht nur die Krisis, die von dem Werdedrang 
des neuen Princips beseelt ist. Alles Neue in der Geschichte der 
Menschheit behauptet sich zuerst als ein unmittelbar Gewisses, be 
vor es in das Gebiet objectiver Erkenntniß erhoben wird. So 
macht Jacobi das Wesen des Menschen mit der Unmittelbarkeit des 
Gefühls geltend, bevor es Kant durch die Kritik der Vernunft er 
leuchtet. So verhält sich überhaupt die Gefühlsphilosophie zur 
kritischen. 
2. Jacobi und Mendelssohn. 
Dieses Verhältniß macht Jacobi selbst durch sein eigenes 
Beispiel sehr deutlich. Denn gegenüber den dogmatischen Den 
kern zeigt er ein überlegenes Bewußtsein, welches die vorhande 
nen Systeme der Philosophie wohl begreift und besonders ihre 
Mängel gründlich einsieht und scharf hervorhebt; den kritischen 
Denkern gegenüber erscheint Jacobi als der untergeordnete Kopf, 
der nicht im Stande ist, dem Hähern Gesichtspunkte nachzukom 
men. Jacobi hat wohl den Spinoza, aber niemals den Kant 
verstanden. So Recht hatte Leibniz, wenn er sagte: daß in dem 
Vollkommenen das Unvollkommene immer deutlich, in dem Un-
	        
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