Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

Gottesglaube oder Religion. Wie der sinnliche Glaube 
das natürliche Gegengewicht gegen den Idealismus, so bildet der 
Gottesglaube das natürliche Gegengewicht gegen den Nihilismus 
der Verstandesphilosophie. Dieser Glaube ist Natur, nicht 
willkürliches Zeichen und Buchstabe: er ist das ungeschriebene 
Gesetz des menschlichen Herzens, das wir befolgen, selbst wenn 
wir es leugnen. Kein Idealist kann sich wirklich überreden, es 
gebe außer ihm keine Dinge; kein Atheist sich wirklich überreden, 
es gebe außer den Dingen keinen Gott. Sein Herz glaubt, was 
sein Verstand leugnet. 
4. Der Glaube als Gefühl (Vernunft). 
Diesen Glauben nannte Jacobi in seinem Gespräch über 
Hume „das offenbarende Vermögen in uns, den Sinn, das 
Vermögen der Wahrnehmung überhaupt". Diesen Sinn nannte 
er später in der Einleitung zu seinen sämmtlichen philosophischen 
Schriften Gefühl oder Vernunft*). Abgesondert von die 
sem Gefühl, welches die Wurzel unserer Erkenntniß bildet, kann 
der menschliche Verstand nicht Dinge, sondern nur Gedanken 
dinge, nicht Gott als den lebendigen Ursprung alles Daseins, 
sondern nur Natur als den mechanischen Zusammenhang des 
Ganzen begreifen. Idealismus und Nihilismus sind daher die 
wesenlosen Systeme, welche der Verstand für sich findet, wenn 
er nur für sich denkt. Sein höchster Begriff ist der Satz des 
Grundes, das „principium compositionis“, welches nur Me 
*) Einleitung in sämmtliche philosophische Schriften. Bd. II. 
S. 60 sigd. Es ist zu bemerken, daß Jacobi erst hier seinen Stand 
punkt als „Gefühlsphilosvphie" bezeichnet, daß er hier die Ver 
nunft in das ursprüngliche Gefühl setzt, während er früher, wie in dem 
Gespräch über Hume, die Vernunft nicht wesentlich vom Verstände un 
terschieden hatte.
	        
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