Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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Beweis, daß es mit jenem Leibniz — Spinoza wohl Iacobi, 
aber gewiß nicht Lessing Ernst war. Und diese Gleichung bildet 
den Hauptpunkt des Gesprächs, den Mendelssohn sehr leicht hätte 
zerstören können, wenn er an diesem Punkte nicht selbst festgehal 
ten hätte. Er hätte Iacobi schriftlich beweisen können, daß Les 
sing über das Verhältniß von Spinoza und Leibniz anders dachte, 
als er in jenem Gespräch die Miene annimmt, aber er hätte frei 
lich mit diesem Zeugniß sich selbst widerlegt. Was sonst Lessing 
gegen die Willensfreiheit'einwendet, das sagt er fast mit Leibniz' 
eigenen Worten. Auch das "70- /xd. nav, zu dem er sich bekennt, 
durfte in einem gewissen Verstände auch Leibniz annehmen, der 
ja in allen Wesen das Stufenreich gleichartiger, formgebender und 
vorstellender Kräfte sah. Das Gesetz der Analogie aller Wesen, 
welches Leibniz mit so vielem Nachdruck behauptet, ist zugleich 
das Gesetz ihrer Einmüthigkeit, und warum sollte dieser Alles 
in sich fassende Begriff nicht auch a Ev xal ndv heißen? Dazu 
kommt, was wir schon früher gezeigt haben: daß Lessing wirklich 
in Rücksicht des Pantheismus von Leibniz abwich, indem er das 
Wesen Gottes zwar nicht weniger persönlich, als Leibniz, aber 
concreter als dieser begreifen wollte. Die Vorstellung der gött 
lichen Weisheit und Vorsehung, die er mit Leibniz bejahte, hin 
derte Lessing nicht, die Welt oder die Wirklichkeit der Dinge in 
Gott zu denken. Seine Gedanken über die Gottmenschheit und 
Trinität machten Lessing zu einem leibnizischen Pantheisten. 
Daß Leibniz, der die Gottmenschheit und Trinität über die Ver 
nunft setzte, dem Pantheismus abgeneigt blieb, war eben so natür 
lich und folgerichtig, als daß Lessing, der sie der Vernunft gleich 
setzen wollte, dem Pantheismus zustrebte *). Denn noch hat 
Niemand über diese Mysterien philosophirt und versucht, sie in 
*) Vgl. oben Cap. V. dieses Buchs. S. 807. 816.
	        
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