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beide auf den Gründer der kritischen Philosophie einen wichtigen
Einfluß ausübten, der Eine durch seine Untersuchung des mensch
lichen Verstandes, der Andere durch seine Grundsätze der mensch
lichen Erziehung. Er verschmilzt diese Gegensätze in der seinem
Genius eigenthümlichen Mystik. Hamann macht das Princip der
Glaubensphilosophie in seiner vollen und charakteristischen Energie
geltend, ohne philosophische Formel, ohne künstliche Unterschei
dungen; während Jacobi diese Einheit schon aufzulösen begann,
indem er den sinnlichen und religiösen Glauben von einander
sonderte.
II.
Die Erkenntniß der dunklen Individualität.
Lavater.
1. Physiognomik.
Die Gefühls- oder Glaubensphilosophie hört auf, eine Er
kenntniß der Welt und der Dinge zu sein, wie es bis zu diesem
Augenblicke die dogmatische Philosophie gewesen war, sie wird
menschliche Selbsterkenntniß, denn das menschliche Indivi
duum gilt ihr als Mikrokosmus. Aber sie ist nicht Selbsterkennt
niß im allgemeinen und objectiven Verstände, sondern sie will
gerade das Gegentheil davon sein, Erkenntniß des einzelnen indi
viduellen Menschen, der durch keinen Begriff ausgedrückt, durch
kein Wort bezeichnet werden kann. Das allgemeine Selbst ist
das Wesen, worin alle Menschen übereinstimmen; das einzelne
ist die Individualität, worin sich jeder von allen Andern unter
scheidet, eine Gattung für sich, eine Monade ausmacht. Wo
durch sich aber jedes Individuum von allen andern unterscheidet,
ist sein Körper. Der Körper, hatte Leibniz gesagt, ist eine
undeutliche Vorstellung der Welt, aber unter allen Vorstellungen