Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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unb erhebt sich mit dem Bewußtsein seines Ursprungs. Sie wis 
sen, von wessen Saat sie die Früchte ernten. Erst auf diesen 
Höhen der deutschen Aufklärung wird Leibniz wahrhaft erkannt. 
Dies beweist am besten, wie weit dieser große Denker seinem 
Zeitalter vorausgeeilt war; wie deshalb mit Recht seine Philoso 
phie als Inbegriff der deutschen Aufklärung gelten darf. 
2. Herder's Richtung und Geistesart. 
Herder theilte mit Winckelmann und Lessing die congeniale 
Betrachtungsweise. Wenn sich aber dieses Vermögen bei Winckcl- 
mann durch die klare plastische Anschauung und bei Lessing durch 
das deutliche, dialektisch mächtige Denken bethätigte, so wurde 
es in Herder von einer dichterischen Einbildungskraft erleuchtet 
und getragen. Darum äußert sich seine congeniale Betrachtungs 
weise mehr poetisch, als logisch, und aus dieser Stimmung der 
Gemüthskräfte erklärt sich die Eigenthümlichkeit seiner Schreibart. 
Herder's Styl hat nichts von Winckelmann's Plastik, nichts von 
Lessing's Logik; er ist, wie eine von großen Vorstellungen stürmisch 
bewegte Phantasie, blitzartig, schwunghaft, aufgeregt und frag 
mentarisch. Er schreibt mehr lebhaft als deutlich, die überwal 
lenden Gefühle verwandeln sich ihm oft statt in klare Ausdrücke 
in stumme Ausrufungszeichen, die Gedanken in Gedankenstriche; 
seine originellsten Schriften tragen das Gepräge einer höchst leben 
digen, fortreißenden, athemlosen Unruhe. Mit der Ruhe und 
Klarheit, mit der anschaulichen und deutlichen Darstellungsweise 
fehlt dxm Herderschen Style das Beste von dem, was den muster- 
giltigen Schriftsteller ausmacht. Das war sicher der Mann nicht, 
der einen Spinoza wahrhaft verstehen und einen Kant beurtheilen 
oder gar widerlegen konnte. Wohl aber war vermöge dieser Ver 
fassung Herder's Verstand vorzüglich geeignet, in die dunkle-
	        
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