Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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werden. Lessing kam und erklärte in seinem „Laokoon" aus dem 
Vorbilde der Alten und der Natur der Künste selbst „die Gren 
zen zwischen Malerei und Poesie". Zn ihm erscheint der vollkom 
men ausgerüstete Charakter dieser höhern Stufe unserer Aufklä 
rung. Er vereinigt die völlig vorurtheilsfreie, folgerichtige, klare 
Denkart mit der erweiterten, den logischen Verstand mit dem 
congcnialen; und aus dieser Vereinigung allein, die nur ihm 
völlig gelang, erklärt sich seine einzige Schreibart, die so klar, 
so deutlich und zugleich so durchdringend sein konnte. Nur er 
wußte mit logischem Verstände sein Object zu zergliedern und es 
mit kongenialem in seiner eigenthümlichen Lebendigkeit wieder ent 
stehen zu lassen. Er hatte die Theile in seiner Hand und zugleich 
das geistige Band, das sie zusammenhielt. Er fühlte, wo das 
Object seinen Schwerpunkt hatte, und, was nur wenigen gegeben 
ist, er vermochte zugleich dieses Gefühl ohne alle Rhetorik, ohne 
alle Orakelsprüche logisch zu beweisen, durch Begriffe einleuch 
tend und durch bildliche Darstellung greifbar zu machen. Seine 
Schreibart wollte nichts sein als treffend. Daß sie es wirklich 
im höchsten Grade war, bewirkte der congeniale Verstand, wel 
cher den logischen regierte und ihm deutlich das Ziel zeigte, das 
er ins Auge fassen und treffen sollte. Dabei hatte sein Styl den 
höchsten Grad natürlicher Dialektik. Natürlich nenne ich Lessing's 
Dialektik deßhalb, weil sie sich nach keinen Schulregeln, sondern 
mit zwangloser Freiheit und Lebendigkeit bewegte, weil sie wie 
in einem lebhaften Zwiegespräch mit sich selbst redete und durch 
weg den Charakter des Dialogs trug, aus dem, als ihrem natür 
lichen Elemente, die Kunst der Dialektik hervorgeht. Diesen 
unnachahmlichen Styl nannte Lessing's berüchtigter Gegner nicht 
übel dessen „Theaterlogik", und Lessing wollte sich gern diesen 
Ausdruck gefallen lassen, denn er fühlte selbst mit großer Genug-
	        
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