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heben, müssen Kirche und Religion jeder bürgerlichen Macht ent
kleidet oder, was dasselbe heißt, vom Staate getrennt werden.
Wir lassen dahingestellt, inwiefern Mendelssohn jene Sätze, die
ganz im Charakter der Verstandesaufklärung gehalten sind, zur
Vertheidigung des Judenthums anwenden durfte; inwiefern er ein
Recht hatte, von der mosaischen Religion zu behaupten, daß sie
kein Kirchenrecht habe, daß sie keine Glaubenslehren befehle, daß
ihre Glaubenslehren auf keiner'göttlichen Offenbarung, sondern
allein auf der natürlichen Erkenntniß beruhen, und daß der ein
zige Zweck der jüdischen Offenbarung praktische Gesetze und Le
bensvorschriften gewesen seien*).
II.
Der beschränkte Aufklärungsverstand.
1. Das geschichtswidrige Denken.
Der Gegensatz, welchen in Reimarus die folgerichtige Ver
standesaufklärung gegen das Christenthum einnimmt, trifft über
haupt die positive oder geschichtliche Religion und damit die ge-
sammte Geschichte, die durch jene Religionen bewegt wird. Die
Verstandesaufklärung mit ihrem Deismus und ihrer natürlichen
Moral steht allen geschichtlichen Zeitaltern ausschließend gegen
über, die mit ihr nicht übereinstimmen oder die ihre Religionsbe
griffe aus andern Quellen schöpfen, als aus der natürlichen Er
kenntniß. Sie erblickt in den Vorstellungen der positiven Reli
gionen leere Einbildungen, und obwohl sie, mit Spinoza vergli
chen, einer ganz andern philosophischen Vorstellungsweise ange
hört, so befindet sie sich gegenüber den geschichtlichen Religionen
in einer ebenso ausschließenden und negativen Stellung als jener.
*) Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. II. Abschn.
Mendelssohn's sämmtl. Werke. Bd. V.