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sind, die man im Nothfall erzwingen kann. Jedes Recht muß
die Möglichkeit haben, ein Zwangsrecht zu werden: es muß im
Stande sein, die gebührende Leistung, wenn sie verweigert wird,
durch Zwang zu bewirken. Was sich schlechterdings nicht erzwin
gen läßt, daraus giebt es auch nimmermehr ein ernstliches Recht.
Nun besteht die Religion wesentlich in der moralischen Gesinnung;
ihre Handlungen haben ihren ganzen Werth in den Gesinnungen
allein, von denen sie erfüllt sind. Aber Gesinnungen und Ge
danken lassen sich niemals erzwingen und fallen darum nicht
in das Gebiet der Rechtssphäre; die Religion leistet Nichts, das
in einer Rechtsanstalt verwerthet, entweder belohnt oder bestraft
werden könnte. So kommt Mendelssohn zu dem entscheidenden
Satze, den er im ersten Theile seiner Schrift „Jerusalem
oder über religiöse Macht und Judenthum" vertheidigt:
daß es aus Gründen der Vernunft und Religion kein Kirchen
recht gebe, daß jedes sogenannte Kirchenrecht aus Kosten der Re
ligion existire*). Er fordert darum, wie Spinoza und Reima-
rus, vom Staate die vollkommene Duldung der religiösen Ge
wissen und erklärt sich deßhalb im sprechenden Gegensatz zu dem
reunionslustigen Leibniz gegen jeden Versuch, die Glaubensmei
nungen zu vereinigen, weil eine solche Glaubensvereinigung noth
wendig einen Glaubensvertrag, eine Formel, ein Symbol vor
aussetze, die zu ihrer Aufrechthaltung mit rechtlicher Geltung und
darum mit bürgerlicher Macht ausgerüstet sein wollen. Jede
Glaubensformel führt zum Kirchenrecht und jedes Kirchenrecht
zum Glaubenszwang, der auf gleiche Weise der öffentlichen Ge
rechtigkeit und dem wahren Interesse der Religion widerstreitet.
Um das letztere zu schützen und die Toleranz zum Gesetz zu er
*) Vgl. Mendelssohns Vorrede zu seiner Uebersetzung von Manasse
Ben Israels Rettung der Juden.