Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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Nutzen, als die fremden Mängel aufsuche. Es ist meine Sache 
wenig, Streitschriften zu suchen und zu lesen." 
3. Toleranz. Abneigung gegen den Sectengeist. 
Mild gegen fremde Fehler, ist er duldsam gegen fremde Mei 
nungen. Diese Toleranz ist bei ihm nicht eine vorgefaßte Pflicht, 
was sie in der Schule der Aufklärung wurde; auch nicht, was sie bei 
Vielen war, eine Gleichgültigkeit, die dem Kampfe der Meinun 
gen gern aus dem Wege geht, sondern ein wirkliches Talent, 
eine natürliche Eigenschaft, die ihn im Streite mit fremden Ideen 
niemals verläßt. Nur der verstockte, ausschließende, beschränkte 
Parteigeist ist ihm zuwider. Es giebt nichts, das dem Univer 
salgeist, dem vermittelnden Denker, dem toleranten Charakter 
mehr widerstrebt, als die Secte, die sich gegen jede Entwickelung 
sträubt, welche über die gewöhnliche Grenze hinausgeht. Secten 
können sein und geduldet werden, aber sie sollen nicht herrschen. 
Wo Secten herrschen, da stockt das geistige Leben. Darum er 
scheint die Macht des Sectengeistes dem Philosophen mit Recht 
als der schlimmste Feind des Fortschritts und der Bildung, der 
ihm am widrigsten da auffällt, wo er am wenigsten sein sollte, 
in der Wissenschaft und in der Religion. In den zünftigen Phi 
losophenschulen seiner Zeit, namentlich in den zur Secte erstarr 
ten Cartestanern, die den Geist der freien Forschung unter die 
Worte des Meisters gefangen nahmen, trat unserem Leibniz die 
Hemmung der Wissenschaft eben so fühlbar entgegen, als in den 
herrschenden Religionsparteien die Hemmung des wahren und 
vernunftgemäßen Christenthums. Es ist das Geringste, daß un 
ter dem Sectenzwange die Geister beschränkt werden und die wis 
senschaftliche Liebe zur Wahrheit einbüßen. Die Erfahrung lehrt, 
daß auch die moralischen Gesinnungen unter dieser Herrschaft
	        
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