Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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uns niemals bewußte Vorstellungen; mithin müssen die angebor- 
nen Ideen bewußtlose Vorstellungen sein. So gewiß in unserem 
Geiste ewige Wahrheiten existiren, so gewiß giebt es in unserer 
Seele angeborne Ideen oder bewußtlose Vorstellungen. Ohne 
diese Voraussetzung ist die Thatsache der Erkenntniß nicht zu er 
klären. 
2. Die immer thätige Kraft der Vorstellung. 
(Kein psychisches Vacuum.) 
Was folgt aus der Metaphysik? Alle Dinge sind Kräfte, 
alle Kräfte sind thätige und zwar immer thätige Wesen*). Mit 
hin sind die vorstellenden Kräfte immer vorstellend; es giebt in 
denselben keine leeren Momente, so wenig als in den Körpern 
leere Räume oder in der Weltordnung leere Zwischenreiche. Gilt 
dieser Satz ohne Ausnahme von allen Wesen, so muß von der 
menschlichen Seele erklärt werden, daß sie immer denkt, 
daß es keinen Augenblick unseres Lebens giebt, der von allen Vor 
stellungen gänzlich entblößt wäre. Aus den ersten Principien der 
Metaphysik folgt, daß die menschliche Seele unaufhörlich vorstellt 
oder fortwährend in der Entwicklung von Vorstellungen begriffen 
ist. Sonst wäre sie nicht Kraftäußerung, also überhaupt nicht 
Kraft, also nichts. 
Nun beweist unsere tägliche Erfahrung, daß wir nicht 
immermitBewußtsein vorstellen. Da nun zufolge ewiger 
Gesetze die vorstellende Kraft immer wirkt, so müssen wir auch 
ohne Bewußtsein und ohne Reflexion vorstellen. Die Metaphysik 
begründet, was die Thatsache des geistigen Lebens zu ihrer Er 
klärung verlangt: daß es in unserem Geiste bewußtlose Vorstel- 
*) ISsouv. ess. Liv. II. chap. 1. Op. phil. pg. 386.
	        
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