Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

Zehntes Capitel. 
Die Entwicklung des Bewußtseins. Die kleinen 
Vorstellungen. 
Mit der Untersuchung der bewußtlosen Vorstellungen durch 
dringt die leibnizische Philosophie die geheime Werkstätte der geisti 
gen Welt und erleuchtet jene dunkle Gegend der Seele, welche 
die Naturseite des menschlichen Geistes ausmacht. Man darf be 
haupten , daß Leibniz dieses Gebiet für die philosophische Seelen 
lehre gewonnen hat; daß sich unter seinem Gesichtspunkte zum 
erstenmal die Einsicht aufgeschlossen hat in die natürliche Entste 
hung des Bewußtseins aus dem dunklen Leben der Seele. In 
unseren bewußlosen Vorstellungen entdeckt Leibniz die fruchtbaren 
Factoren, welche den Zusammenhang des geistigen Lebens mit dem 
natürlichen vermitteln, die Eigenthümlichkeit der Individualität 
ausprägen und in stetig fortschreitender Entwicklung die Schwelle 
des Bewußtseins erreichen. Auf diese Vorstellungen gründet sich 
das Naturleben des Menschen, das wir mit den übrigen Wesen 
niederer Art gemein haben, und zugleich die unsagbare Eigen 
thümlichkeit, vermöge deren sich jeder Einzelne von allen andern 
Wesen seiner Art unendlich unterscheidet. Von hier aus betrachtet, 
erscheint die Differenz zwischen Mensch und Thier als eine kleine, 
die Differenz zwischen Mensch und Mensch als eine unendlich
	        
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