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unzerstörbare Kräfte, die in allen Umwandlungen dieselbe beharr
liche, mit sich identische Einheit bleiben. Aber in dem bloßen
Individuum ist diese Identität eine bewußtlose, im Geist eine
bewußte; dort bildet sie eine physische, hier eine moralische Ein
heit. Das physische Individuum macht den Organismus, das
moralische dagegen die Person; jener handelt nach bewußtlosen
Zwecken oder Naturgesetzen, diese dagegen nach bewußten Zwecken
oder nach Absichten. Und auf diesen Begriff der Persönlichkeit
oder der moralischen Identität gründet sich das moralische Leben
und die moralische Unsterblichkeit*). „Das Wort Person," er
klärt Leibniz in seinen neuen Versuchen über den menschlichen
Verstand, „bedeutet ein denkendes und intelligentes Wesen, fä
hig der Vernunft und Reflexion, das sich selbst betrachten kann
als ein und dasselbe Subject, welches in verschiedenen Zeiten und
Orten denkt und alles mit dem Bewußtsein thut, daß es selbst
den Grund seiner Handlungen ausmacht. Dieses Bewußtsein
begleitet immer unsere gegenwärtigen Empfindungen und Vor
stellungen, wenn sie deutlich genug sind, und eben dadurch ist
jeder für sich, was man im reflexiven Sinne ein Selbst nennt
(soi meine). So weit sich das Bewußtsein über die Handlun
gen und Gedanken der Vergangenheit erstreckt, eben so weit reicht
auch die Identität der Person, und das Selbst ist in diesem
Augenblicke eben dasselbe als damals**)." Damit ist der Be
griff des Geistes erklärt. Geist ist Person; Person ist moralische
oder selbstbewußte Individualität, und deren Kräfte Verstand
und Wille; Verstand und Wille folgen aus der bewußten Vor
stellung, und diese besteht in der reflexiven oder deutlichen Vor
stellungskraft. So bezeichnet der Mensch in dem Stufengange
*) Siehe oben Cap. V. dieses Buchs. Nr. III. 3. S. 424flgd.
**) Nouv. ess. Liv. II. chap. 27. Op. phil. pg. 279.