Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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dividuums? Die erste Form der Seele, so erklärten wir früher, 
sei die Anlage des Körpers. So existirt das Individuum zuerst 
in der Form der Anlage. Aber setzen wir hinzu, um die leib- 
nizische Ansicht genau zu treffen, daß in dieser elementaren An 
lage das ganze Individuum bereits enthalten ist, daß diese 
Anlage nicht etwa bloß den Körper des Individuums in sich be 
greift, der erst später, etwa im Acte der Zeugung, die Seele em 
pfängt, sondern daß die Anlage schon den beseelten Körper selbst 
ausmacht; daß sie nicht etwa den formlosen Stoff bildet, woraus 
ein Individuum werden kann, sondern daß sie selbst dieses Indi 
viduum ist. Nur ist in seiner Anlage das Individuum noch nicht 
ausgebildet, sondern erst vorgebildet oder präformirt. Die An 
lage ist die Präsormation des Individuums, und da die Form 
allemal das bestimmte Dasein, die Existenz eines Wesens aus 
drückt, so können wir sagen, die Anlage sei die Präexistenz des 
Individuums. Jedes Individuum präexistirt in seiner Anlage. 
Eben diese Anlage macht seinen ursprünglichen Lebenszustand. 
„Die Philosophen," sagt Leibniz in der Monadologie, „haben 
sich viele Schwierigkeiten gemacht mit dem Ursprünge der Formen, 
Entelechien oder Seelen. Indessen haben gegenwärtig genaue 
Untersuchungen, angestellt mit Pflanzen, Jnsecten und Thieren, 
zu dem Ergebnisse geführt, daß die organischen Körper der Na 
tur niemals aus einem Chaos oder einer Fäulniß hervorgehen, 
sondern allemal aus Samen (semences), worin ohne Zweifel 
schon eine Präsormation vorhanden war; so hat man geurtheilt, 
daß in dieser Anlage nicht bloß der organische Körper vor der 
Zeugung existirte, sondern auch eine Seele in diesem Körper, mit 
einem Worte das Individuum selbst, und daß vermittelst 
der Zeugung dieses Individuum nur fähig gemacht werde zu ei 
ner großen Formumwandlung (transformation), um ein Jndi-
	        
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