Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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Bestimmung nach die beiden ursprünglichen Momente in dem 
Wesen jeder Monade, so müssen wir jetzt berichtigend und ergän 
zend hinzufügen, daß diese beiden Momente nicht ebenbürtig sind 
und darum niemals coordinirt werden dürfen. Die Seele be 
thätigt sich durch den Körper, und wenn auch beide von Natur 
gleich ursprünglich sind, so sind sie in der Ordnung der Natur 
nicht von demselben Werthe, sondern sie verhalten sich wie die 
thätige Kraft zur leidenden oder wie der Zweck zum Mittel. Das 
Verhältniß von Zweck und Mittel ist ein anderes in der Natur 
als in der Kunst. In der Kunst nämlich fallen beide auseinan 
der als verschiedene Dinge, die an sich nichts mit einander gemein 
haben und um vereinigt zu werden, der technischen Kraft des 
Künstlers bedürfen. Der Künstler setzt sich den Zweck; um die 
sen Zweck zu verkörpern, sucht er sich auswärts das geeignete 
Mittel: ein anderes Wesen ist der Bildhauer, dem die Idee des 
Herkules vorschwebt, ein anderes der todte Stein, dem diese Idee 
fremd ist. Erst die Arbeit des Künstlers, „des Meißels schwe 
rer Schlag", vermag die harte Masse zu erweichen, das Form 
lose zu gestalten und im Marmor die künstlerische Idee zu verkör 
pern. Die Natur dagegen vereinigt in demselben Wesen Zweck 
und Mittel, und mit dem Zwecke erzeugt sie zugleich das Mittel, 
wodurch sich dieser Zweck verwirklicht. Wenn die Kunst einen 
Herkules schaffen will, so muß sie ihre Idee in ein fremdes Ma 
terial einführen, und das Höchste, das sie erreicht, ist ein aus 
drucksvoller aber todter Körper. Wenn die Natur einen Herku 
les schaffen will, so erzeugt sie zugleich mit dieser Seele diesen 
Körper und läßt die Seele in leibhaftiger Individualität selbst 
sich verkörpern. Eben hierin liegt im Vergleiche mit der Kunst 
die Vollkommenheit der Natur, welche Leibniz so oft hervorhebt: 
daß diese mit dem Zweck das Mittel der Ausführung und die aus-
	        
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