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als ein Auskunstsmittel ergreift, um seine Philosophie mit einem
wichtigen Punkte der katholischen Kirchenlehre auseinanderzusetzen ?
Sind nämlich die Körper als solche nicht Substanzen, so können
sie auch nicht transsubstantiirt werden, so ist das Sacrament nichts
Wesenhastes und die Verwandlung im katholischen Abendmahl
ist schlechthin unmöglich. Sie sei ein Wunder! Aber auch als
Wunder ist sie nach den Begriffen der leibnizischen Theologie un
möglich, denn diese erlaubt nur solche Wunder, welche die meta
physische Natur der Dinge nicht aufheben. Ist nun vermöge
seiner metaphysischen Natur der Körper keine Substanz (sondern
Moment der Monade), oder giebt es aus metaphysischen Grün
den keine körperliche Substanz, so giebt es auch keine körperliche
Transsubstantiation, so giebt es auch als Wunder keine solche
Verwandlung. Nicht daß sie in der That stattfinde, sondern daß
sie als göttliches Wunder stattfinden könne, diese Möglichkeit all
ein sucht Leibniz dem gelehrten Jesuiten gegenüber seiner Philoso
phie abzugewinnen. Damit das Wunder der Transsubstantiation
metaphysisch möglich werde, muß es eine körperliche Substanz ge
ben. Es giebt keine körperliche Substanz, so lange der Grund
des Körpers lediglich in der Monade besteht. Also muß ein von
der Monade unabhängiges Bindemittel eingeführt werden, welches
den Körper selbständig macht. Dieses Bindemittel ist eben das. vin-
culuin substantiale! Es hat in der leibnizischen Philosophie die
Bedeutung einer beiläufigen, für die Grundsätze der Metaphysik
vollkommen gleichgültigen Hülfsconstruction, und auch in dem
Briefwechsel mit Des Bosses, wo allein diese Hülfsconstruction
einiges Ansehen gewinnt, redet Leibniz selbst höchst problematisch