Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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allseitigen Reichthum ihrer Ideen, findet den Weg leicht zu allen 
Formen der menschlichen Bildung, sie hat den Trieb und die 
Fähigkeit, sich populär zu machen und den meisten, wenn auch 
bei weitem nicht vertraut, doch bekannt und befreundet zu wer 
den ; sie fließt befruchtend ein auf die verschiedensten Geister; sie 
begründet eine Philosophenschule und übernimmt zugleich die Welt 
bildung des öffentlichen Geistes, die Erziehung und Aufklärung 
eines ganzen Jahrhunderts. 
Nicht alle Systeme können allseitig sein, aber nur allseitige 
Systeme können wirkliche Aufklärung verbreiten. Denn es ist 
die erste Bedingung einer aufklärenden Philosophie, daß sic Vie 
les erklärt und Weniges leugnet. Je mehr sic zu erklären ver 
mag kraft ihrer Principien, je weniger sie zu verneinen durch ihre 
Principien gezwungen wird, um so aufgeklärter und aufklärender 
ist eine solche Philosophie. Alles zu verstehen und wo möglich 
nichts zu verachten, dahin strebt Leibniz, und dieser große Sinn 
theilt sich dem Zeitalter mit, welches vom Geiste seiner Lehre er 
leuchtet wird. So ist unter den neuern Philosophen Leibniz der 
Erste, der nicht etwa aus humanistischen Rücksichten oder im 
Kampfe mit der Scholastik, sondern im Kampfe vielmehr 
mit Descartes und Spinoza aus letzten metaphysischen Grün 
den den Geist der neuern Philosophie dem der antiken wie 
der zuwendet. Und es ist für das Zeitalter der deutschen 
Aufklärung ein sehr bedeutsames Kennzeichen, daß in ihren 
ersten und obersten Grundsätzen der Sinn für das Alterthum von 
Neuem erwacht; daß Leibniz in den Principien seiner Philosophie 
und Naturanschauung die nächste Verwandtschaft mit den Griechen 
eingeht. Das sind die glücklichen Sterne, unter denen der deutsche 
Geist eingeführt wird in die Geschichte der neuern Philosophie*). 
*) Vgl. Erstes Buch. Cap. I. Nr. II. 2. S. 6 flg.
	        
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