Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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Machtstellung zwischen Frankreich und Oestreich entscheiden sollte, 
stand dicht vor der Thür. Das siebzehnte Jahrhundert, das 
sich seinem Ende zuneigte, gebar noch in seinen letzten Zügen die 
beiden Zwillingskriege, die mit dem neuen Jahrhundert zugleich 
aufwuchsen: den nordischen Krieg und den um die spanische Erb 
folge. Leibniz selbst hat in' einem uns aufbewahrten und jetzt 
veröffentlichten Schriftstücke den Zustand Europas im Beginn des 
achtzehnten Jahrhunderts geschildert*). 
Die wichtigste Frage, deren Lösung das neue Jahrhundert 
als erste Aufgabe gleich bei seinem Eintritt empfängt, betrifft 
die spanische Erbfolge. Die beiden Mächte, von deren Gleich 
gewicht der Weltfrieden abhängt, deren Gleichgewicht dar 
um zu erhalten, die europäische Politik seit dem westfäli 
schen Frieden fortwährend bemüht ist, Frankreich und Oestreich, 
erheben Erbschaftsansprüche auf die spanische Monarchie. Mit 
dem Tode Karls II, der nahe bevorsteht und den 1. Novem 
ber 1700 wirklich erfolgt, entsteht zwischen jenen beiden Mäch 
ten der unvermeidliche Erbschaftsstreit. Wenn eine von beiden 
vollkommen siegt, so ist das Gleichgewicht Europas in sei 
nen Grundlagen erschüttert und die gefürchtete Universalherr 
schaft zur Thatsache geworden. Diese zu vermeiden, werden von 
den Seemächten England und Holland Theilungsprojecte gemacht, 
denen die Krone Spanien nicht beistimmt, und von Seiten der 
Erben werden die spanischen Kronländer nicht für die regieren 
den Häupter selbst, sondern für Secundogenituren beansprucht. 
Ludwig XIV begehrt die spanische Erbschaft für seinen Enkel, 
Philipp von Anjou, den zweiten Sohn des Dauphin; der Kaiser 
Leopold will sie für seinen zweiten Sohn Karl. Das Testament 
*) Status Europae incipiente novo saeculo. Oeuvres de 
Leibniz (Eoucher de Careil). Tom. III. pg. 298 — 308.
	        
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