158
die der junge Boineburg für diese Art der Beschäftigung an den Lag
lege: „der Wille mangelt und sucht er tausend Prätexte seiner Nach
lässigkeit." Wenn man die Beschwerden, die Leibniz führt, etwas
aufmerksam verfolgt, so kann man den großen Mann bedauern,
dem sein anvertrauter Zögling so viel zu schaffen macht, aber
man kann dem letzteren nicht zürnen. Er ist noch nicht reis ge
nug, um auf einen Leibniz eingehen und ihn würdigen zu können;
zugleich ist diese jugendliche Natur so lebensvoll und lebensdurstig,
daß sie sich gegen die beständige Aufsicht eines älteren Mannes
(Leibniz und der junge Boineburg wohnten gemeinschaftlich), ge
gen das viele Studiren, Bücherlesen und -ausziehen mit aller
Kraft sträubt. Die Methode, die Leibniz anwendete und die ohne
Zweifel sehr nützlich sein konnte, war ihm langweilig. „Er hat
mehr Lust zu Fatiguen des Leibes als zu den Studien des Ge
müths." Er möchte auf einer Akademie sein, weil er dort „die
Gelegenheit finden wird, mit einem Schwarm junger Leute um
zugehen , wonach er sich längst sehnt." Mit solchen Neigungen
paßte damals der junge Boineburg nicht zu dem zehn Jahre älteren,
in ernste Studien versenkten Leibniz, als seinem Mentor. Das
Verhältniß löste sich nach kurzer Dauer auf; der junge Boineburg
kehrte nach Deutschland zurück und gab durch seine spätere Lauf
bahn den Beweis, daß man mit sechszehn Jahren ein schlechter
Schüler und dreißig Jahre später ein großer Mann sein kann.
Dreißig Jahre später war er Statthalter von Erfurt und erwarb
sich hier den Beinamen „der große Boineburg" *). Mit Leibniz
verkehrte er später in vertraulichem und lebhaftem Briefwechsel.
*) Gottfr. Wilh. Freiherr v. Leibniz. Von Gnhrauer. I. Theil.
S. 153.