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denken. Aus der körperlichen Natur als solcher folgt die Beweg-
barkeit, nicht die Bewegung selbst. Die Bewegung, ohne wel
che der Bestand (Consistenz) des Körpers, die Widerstandskraft
desselben (Resistenz), der bestimmte Zusammenhang seiner Theile
(Cohärenz) u. s. f. nicht erklärt werden kann, folgt nicht aus der
Natur des Körpers als solcher. Ihre Ursache ist nicht körper
lich, also ist sie unkörperlich. Mithin können die Erscheinungen
der Körperwelt, gerade weil sie aus Größe, Figur, Bewegung
der Körper erklärt sein wollen, ohne unkörperliche Ursache nicht
erklärt werden. Es ist nun leicht zu zeigen, daß diese unkörper
liche Ursache als einzig, als intelligent, als weise, mit einem
Worte so begriffen werden muß, daß sie dem Wesen Gottes gleich
kommt.
Aus der Natur des Körpers folgt das Dasein Gottes. Aus
der Natur des Geistes folgt ebenso aus rationellen Gründen die
Unsterblichkeit. Der Geist ist ein thätiges Wesen. Seine Thä
tigkeit besteht im Denken. Die denkende Thätigkeit ist Object
unmittelbarer Wahrnehmung. Was unmittelbar gewiß ist, das
ist so beschaffen, wie es wahrgenommen wird. Das Denken wird
wahrgenommen ohne Theile. Also ist es ohne Theile. Die Be
wegung ist nicht ohne Theile. Also ist das Denken nicht Be
wegung ; also ist das denkende Wesen d. h. der Geist kein Körper,
also nicht bewegbar, nicht trennbar, nicht aufzulösen, nicht zu zer
stören. Der Geist ist demnach unzerstörbar d. h. unsterblich.
3. Brief an Jacob Thomasius").
Unter diesem Gesichtspunkte bietet sich die doppelte Möglich
keit, die neuere Philosophie sowohl mit dem Aristoteles zu ver
söhnen als mit der christlichen Religion. Ueber dieses Thema er-
*) Epistola ad Jacobum Thomasium 1669.