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rern die einflußreichsten für Leibniz, weil sie seinem universalisti
schen Streben entgegenkamen. Was aber insbesondere die mathe
matische Bildung betrifft, so waren es damals überhaupt nicht
die deutschen Universitäten, die Leibniz auf die Höhe dieser Wis
senschaft führen konnten. In Leipzig war er nicht über die Ele
mente des Euklides hinausgekommen. Durch Weigel wurde er
in die niedere Analysis eingeführt. Mit der höheren Mathematik
wurde Leibniz erst in Frankreich und England vertraut, wo sich
unter dem Einfluß neuer philosophischer Geistesrichtungen die
exacten Wissenschaften günstiger als in Deutschland entwickelt
hatten.
4. Juristische Studien.
Die philosophischen und mathematischen Studien, die er
mit so vielem Eifer betreibt, thun seiner berufsmäßigen Wissen
schaft keinen Abbruch. Im Gegentheil ergreift er die Jurispru
denz mit dem größten Interesse und mit voller Neigung. Es
scheint, daß nach seiner Rückkehr von Jena (Herbst 1663) Leib
niz sich ganz in die juristischen Studien vertieft. Wenigstens
sagt er selbst, daß er mit siebzehn Jahren in der Rechtswissen
schaft vollkommen einheimisch war. Auch hier geht er seinen ei
genen Weg und macht sich als Student schon zum praktischen
Rechtsgelehrten. Der Reichthum seines geschichtlichen und philo
sophischen Wissens und die umfassenden Studien in diesen beiden
Gebieten erleichterten ihm außerordentlich die theoretische Rechts
wissenschaft und das Verständniß der Gesetze. Sein logisch voll
kommen geschulter Verstand brauchte zur juristischen Einsicht kaum
mehr die juristische Schule. Die Theorie wird ihm so leicht, daß
er sich voll Begierde schon der Praxis zuwendet. Ein ihm be
freundeter Rath des leipziger Hofgerichts kommt diesem Bedürf-
Bischer, Geschichte der Philosophie II. — 2. Auflage. 5