Volltext: St. Severin zu Passau [4]

hier am wahrscheinlichsten und das ist doch wohl der oben gemachte Vorschlag für die Dachaus— 
bildung. Die Apsis erhielt über der Kuppelschale ein halbrundes Zeltdach (Bild 72 und 73). 
Ein sichtbarer äußerer Sockelvorsprung müßte, wenn einst vorhanden, an der Westfront 
heute noch zu sehen sein. Da er dort fehlt, können wir ihn also höchstens an der Apsis ergänzen. 
Das Gelände steigt vom Inn her merklich an. Auf der Südseite mußten daher ein paar 
äußere Stufen zum Ausgleich des Höhenunterschiedes dienen; sie lassen sich hinter dem Vor— 
sprung des Querhausflügels leicht unterbringen (Bild 72). 
Da sich keiner der an den Grundmauerplan anstoßenden anderweitigen Grundmauerzüge 
als gleichzeitig erweist, kann die älteste Krrche weder einen Turmbau, noch Westchor oder westliche 
Vorhalle besessen haben. Nicht für ausgeschlossen halte ich dagegen einfachere Anbauten, wie die 
üblichen Nebenräume für den gottesdienstlichen Gebrauch entsprechend Prothesis und Diakonikon 
der byzantinischen Kirchen. Selbst ein kleines Kloster wäre denkbar; seine Grundmauern waren 
jedenfalls einfachster Art und ganz seicht, da es sich wohl nur um ebenerdige Holzbauten handelte. 
Sie konnten nach Lage der Verhältnisse lediglich auf der Südseite gegen den Anstieg des Hügels 
zu angebaut gewesen sein und mußten weichen, als nach dieser Seite die Kirche erweitert wurde. 
Mangels jedes näheren Anhaltspunktes wäre der Versuch einer zeichnerischen Wiederherstellung 
zwecklos. Im übrigen dürfen wir uns das älteste Kirchlein gleich dem heutigen bereits von 
inem kleinen Friedhof umsäumt denken mit einer Stützmauer gegen den Fluß zu, die allerdings 
nicht so weit vorgeschoben war (vergl. das Titelbild). 
4. Emporenanlage 
Die in den vorigen Abschnitten beschriebene zeichnerische Ergänzung stellt unter den gegebenen 
Voraussetzungen die einfachste Lösung der Bauaufgabe dar. Nicht aus dem Befund mit Sicher— 
heit zu erschließen, jedoch in mehrfacher Hinsicht nahegelegt ist aber darüber hinaus die Ergänzung 
einer Emporenanlage im westlichen Querhaus (Bild 70 rechts, 72 u. 75). 
Für eine solche Westempore sprechen eine Reihe von Umständen: 
1. Die auffällige Tieflage der zwei erhaltenen Fenster im nördlichen Teil des Querhauses, 
oon denen das in der Nordwand (vergl. Bild 48) erst durch die Notwendigkeit der Belichtung 
rines Erdgeschoßes an seiner Stelle richtig begründet ist. Das andere östliche Fenster (vergl. 
Bild 50) bereitet zwar einer Emporenergänzung zunächst scheinbar eher ein Hindernis, erfährt 
aber tatsächlich dadurch doch auch eine Erhöhung seiner Zweckdienlichkeit. 
2. Die drei Verbindungsgrundmauern im westlichen Querhaus (vergl. Bild 70 links), welche 
bei einer Emporenanlage als Träger der Freistützen ebenfalls eine Erhöhung ihrer Daseins— 
berechtigung erfahren. 
3. Das Bedürfnis nach einem gewissen Abschluß zwischen Langhaus und Querschiff (vergl. 
Bild 76), den schon der verschiedenartige Verwendungszweck gefordert haben mag und welcher 
mit der dort erforderlichen Bühnenabstützung leicht verbunden werden konnte. 
4. Die aus anderen Gründen erschlossene gleiche Höhe von Langhaus und Querschiff, welche 
geradezu als Voraussetzung für die Möglichkeit einer Emporenausbildung zu gelten hat. 
5. Der Vergleich mit nahe verwandten Kirchenanlagen, die eine Empore im ursprünglichen 
Bestand ihres Baues aufzuweisen haben. 
6. Die Ausstattung der jetzigen Kirche mit einer Orgelbühne, was immerhin eine gewisse 
Aeberlieferung in diesem Punkt nahelegt. 
Als Bühnenstützen unter dem Bogen gegen das Langhaus zu kommen Holzsäulen oder 
gemauerte Pfeiler in Betracht. Hier mag zugleich ein gitterartiger Abschluß gewesen sein; denn 
es war sicher kein Vollmauerwerk mit nur gelegentlicher Durchbrechung, sondern ein stark in
	        
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