Volltext: Eine Böhmerwald-Grenzkarte vom Jahre 1514 [4]

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Gewicht fallender Schaden nicht entstanden ist, wenn 
anderö hier nicht etwa der Nanre deö Zeichners nnd 
Malerö enthalten war und dadurch verloren ge 
gangen ist. 
Als Schöpfer der Karte ist in der Aufschrift an der 
oberen linken Ecke angegeben Sigmund von Seybolt- 
ftorf zu Ritterswördt derzeit Hauptmann vor dem 
obern Wald, der auf Befehl der bayerischen Herzoge 
Wilhelm und Ludwig „den Wald mit gueter grindiger 
vnnd warhafftiger erkhundung" beschrieben hat. Für 
die Beschreibung waren drei Gesichtspunkte maß 
gebend: 
1. Eö wurde festgestellt und festgehalten, welche 
Dörfer, Höfe und Güter, deren Besitzer erschlagen 
worden waren, vor etlichen Jahren verbrannt wurden. 
Diese Schäden wurden von Sigmund von Seibolt- 
storf nnd andere von Adel „auch sonst vil ander 
treflicher vnd glaubwürdiger Personen notturfftigclich 
besieht beschaut vnd warhafftig erfunden", soweit sie 
im Herzogtum Bayern und der Grenzhauptmann 
schaft Furth im Walde lagen. 
2. Bestand die Absicht, die bayerisch-böhmische Grenze 
gegen unberechtigte Ansprüche und Zugriffe festzu 
legen und kenntlich zu machen. Die Grenze ward 
durch einen roten Strich gezogen. „Vnnd ist diser 
Rot strich der sich durch das gemel oder verzaichnnö 
von ainem ort zu dem anndern Ströckht die Recht 
grenitz, so daö Bairisch vnnd Behamisch ertrich 
vnnderschidlich von ainander teilt". Alles „herdiß- 
halb" liegende und mit Farben auSgestrichene Gebiet 
ist Bayern zugehörig, alles „Jhenhalb" liegende und 
unauögestrichene Gebiet gehört zu Böhmen, so daß 
selbst der Unkundige nicht im Zweifel sein kann. 
3. Die drei von Furth i. Wald, Eschlkam und Neu- 
kirchen nach Böhmen ziehenden Straßen, auf denen 
die bayerischen Fürsten daö Geleitsrecht übten, wurden 
für jeden, der lesen kann, der Gelegenheit deö Waldeö 
bericht ist und andere darüber belehren kann, gut 
erkennbar eingezeichnet. 
Was über den Schöpfer und sein Werk ermittelt 
werden konnte, darüber wird in den folgenden Aus 
führungen berichtet. 
Sigmund von Seiboltstorf zu Ritterswörth ent- 
stamnrt denr altbayerischen, bereits im 11. Jahr 
hundert vorkommenden Adelögeschlechte der Seibolt 
storf, welches im Landgericht Bilöbiburg ansässig war 
und von dein ein Zweig mit Hanns von Seibolt 
storf 1428 die Feste Ritterswörth bei Geisenfeld 
erhalten battet). Nach Hunds bairischem Stammen 
buch war 1490 Sigmund der Seiberstorfer Land 
richter zu Erdings); er dürfte kaum derselbe sein, 
der am 30. August 1510 von Herzog Wolfgang 
als Vormund des Herzogs Wilhelm die Haupt- 
mannschaft vor dem Wald und Pflege zu Furth vom 
2. Februar 1511 ab übertragen erhielt mit der 
Auflage, daö herzogliche Geleit auszuüben, Gericht 
zu halten und das Schloß zu Furth „bej tag vnnd 
nacht mit hüt vnnd wacht In gnetter vnd vleißiger 
verwarung alzeit hallten"^). Von seiner Jugend 
und Vorbildung haben wir keinerlei Kunde. Im 
Jahre 1513 weilte er mitsamt seinem Spannmesser 
zu Falkenstein in der Oberpsalz zum Zwecke der 
Organisation der Landmiliz, die in den gefährlichen 
Zeitläusen vielleicht einmal verwendet werden mußteO). 
Zu Lichtmeß 1515 hatte er den Grenzposten zu 
Furth i. Wald wieder verlassen; denn am 3. März 
1515 wird Christoph der Trainer als Hauptmann 
genannt^). Auf dem Landtage zu Landshut im 
Jahre 1519 erscheint unter den Herren und Mit 
gliedern „vom Adel" Sigmund von Seiboltstorf 
Hofmeisters) aber bereits 1524 „steht an Sigmund 
statt Florian von Seiboltstorf"^). 
Ein langwieriger Grenzstreit zwischen Bayern und 
Böhmen begann schon 1510, also noch vor dem 
Antritt der Hauptmannschaft durch Sigmund von 
Seiboltstorf. Untertanen deö Wenzel von Riesenberg 
und Schwichau hatten anr Gersberg, j. Hahnenberg, 
also auf bayerischem Gebiete, Heu geerntet und 
wurden von Leuten deö Hauptmanns zu Furth ge 
fangen gesetzt. In diesem, während der ganzen 
Amtszeit des S. von Seiboltstorf sich hinziehenden 
Streit bewährte er sich als umsichtiger militärischer 
Befehlshaber iinb treuer Hüter deö ihm anvertrauten 
Gebietes. Mag sein, daß er sich auf den: gefähr 
lichen Posten zu Furth i. Wald nicht wohl fühlte; 
mag sein, daß bei ihm wissenschaftliche und künst 
lerisch-mathematische Neigungen überwogen: das Werk, 
das unter seiner hervorragenden Mitwirkung zustande 
kam, versetzt ihn unter die bedeutendsten Männer 
seiner Zeit, macht den bayerischen Edelmann zum 
Vorläufer von Aventin und Apian; inr literarischen 
Nachlaß deö letzteren hat sich nach Dr. O. Hurtig*") 
eine Nachzeichnung der Mappa erhalten. Sigmund 
von Seiboltstorf ist bei der Ausführung des herzog 
lichen Auftrages mit gelehrter Gründlichkeit zu Werk 
gegangen, er hat die bereits vorhandenen amtlichen 
Quellen beigezogen und die alten Männer „So in 
etlichen Dörfern vnd Höfen Ir Vätter vnd freund
	        
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