Volltext: Das Passauer Stadtrecht

  
von Burghausen (s. u.), zwischen Maulschlag und Beulschlag unter- 
schieden und ersterer als besonders ehrverlegend härter bestraft wird, 
sind beide nebst Knüttelschlag und Raufen in Passau einander völlig 
gleichgestellt. Auch die im baierisch-österreichischen Gebiet recht 
häufige Unterscheidung, ob der Maulschlag (Ohrfeige) mit der flachen 
Hand, mit allen Fünfen oder — weniger ehrenrührig — mit geballter 
Faust erfolgt!), findet sich nicht. Ziemlich nahe steht der Passauer 
Bestimmung der baier. LF. 1281 $ 602): „swer den andern rouffet 
oder in an daz moul sleht oder im einen paeul sleht oder in mit 
chnütteln sleht, daz er in niht wundet?), der sol im ein pfunt geben 
und dem rihtaer zwen und sibentzich pfenning“; der baier. LF. von 1256 
„De raufen et alapis“ $ 61 und von 1300 8 80, nur daß in legterem 
die Gesamtstrafe 1 ® beträgt, in gleichen Teilen an den Verlegten und 
den Richter*). 
Mildernder oder gar strafausschließender Umstände, als welche 
für Raufhändel gerade in baierischen Rechtsquellen gerne Zorneshibe 
oder „gaehe“ beliebt sind®), hat das Passauer StR. nicht gedacht. 
Andrerseits scheint aber auch das alte und mancherorts noch damals®) 
bestehende Prinzip des mittelalterlichen Strafrechtes, daß jede Wunde, 
jeder Schlag, jedes Schimpfwort als besonderes Verbrechen zu 
bestrafen sei, der heikle Grundsaß der „Verbrechenskonkurrenz“, im 
Passauer Stadtrecht überwunden. Das möchte ich besonders aus dem 
Umstande schließen, daß das Wandel von 1 ® für „maulslege, paeulsleg, 
chnuttelsleg“ (Pluralformen!), also kaum gesondert für jeden einzelnen 
Schlag gilt. Ähnlich besteht das Prinzip der Deliktseinheit für mehrere 
*) Osenbrüggen, Panteidinge 55; His, Die Körperverlesung im Strafr. des 
deutsch. MA. =—Z. f. RG. 54. Bd. (1920), S. 125 f. 
?) Qu. u. Er. V, 348 — Rockinger, S. 80. 
®) In den baier. Quellen gilt in der Regel nur die blutige Verlegung als 
Wunde; vgl. His, Die Körperverlegung, S. 120. 
*) Vgl. auch das StR. von Burghausen (Haeutle, 179): „der Mawelslag ein 
phunt, dem Richter ains und dem Chlager ains“; ebenso in Neuötting und Traun- 
stein (ders. 21 u. 192); für Maulschlag und nichtblutrunsige Schläge in Vilshofen 
(ders. 86): 72 4 dem Richter; 20 sh in Landshut nach dem StR. von 1279 813; 
Landau a. d. Isar (Haeutle 228) : für Maulschlag 12 sh dem Richter, 1 £ dem Kläger; 
Schongau 1395 (ders. 69): nur 62 4; München 1294 $ 24: je 10 sh Richter und 
Kläger, ebenso Ingolstadt 1312 8 19; St. Pölten 1338 $13: 1 @ dem Richter und 
des Klägers Huld gewinnen. Weitere Belege aus Österreich bietet Tomaschek, 
246 1. Für Beulenschläge in Burghausen (Haeutle, 187): 72 & an den Richter und 
des Klägers Huld gewinnen. 
5) So im früheren StR. von München VII, 51 (Auer, S. 280); von Vilshofen 
1345 (Haeutle, 86); im baier. LR. 1346 8 60 (v. Freyberg, IV, 415); in den Rechten 
‚von Cham, Kösting, Neustadt a. d. D. (s. Knapp, 446). 
5) Vgl. His, 250 f.; Knapp, 467 f. 
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