Volltext: Das Passauer Stadtrecht

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ihm der Knecht zwiefach wiedergeben zur Buße. Schließlich mag noch 
darauf hingewiesen werden, daß auch Berthold von Regensburg!) die 
sofortige Lohnzahlung als Rechtsforderung betont, wenn er sagt: „Es 
ist in etlichen Landen Sitte, wer sich verklagen läßt wegen verdienten 
Lohnes, den er dem andern ohne Klage nicht gibt, der muß dem Richter 
sechs Schilling zu Buße geben“. Bertholds Predigten aber waren schon 
zu seinen Lebzeiten auch in Passau in Umlauf (vgl. MB. 29b, 81). 
Art. 9. 
Eigenmächtige Arrestierung des auswärtigen Schuldners 
erlaubt. 
„Chumt ein man sinen gescholn an, der ein gast ist, swi er sin 
geschol sei und des Rihtaer und sines boten niht enhat, der sol in uf 
haben untz an den Rihtaer; wil er im dar uber entwichen mit gwalt, 
enphaeht er dehainen schaden dar an, da ist er niemmen niht umb 
schuldigch“. 
anchommen: ankommen, antreffen; swi= swie: wie immer, wie auch, wenn 2); 
geschol m.: Schuldner; gast m.: Fremder, Auswärtiger, überhaupt jeder, „der 
in der stat nicht gesezzen ist noch in der stat gericht“ (Rupr, v. Freis., c. 197); 
uf haben: aufhalten, festnehmen; untz: bis; enphaen: empfangen, erleiden; 
daruber: daran, dabei, 
Mit der im hohen Mittelalter überaus rasch fortschreitenden Ver- 
mehrung der Gerichtsbezirke wurde es für den einzelnen immer schwerer 
Rechtsansprüche gegenüber solchen, die außerhalb des eigenen Gerichts- 
bezirkes ansäßig waren, zu verfolgen. Deshalb gingen die Städte seit 
der Mitte des 13. Jahrhunderts dazu über, die Beitreibung der Geld- 
forderung eines Stadtbewohners gegen einen „Gast“, d.h. 
gegen jeden, der außerhalb des städtischen Gerichtsbezirkes gesessen 
war, also gerichtlich schwer oder doch unbequem (wegen des Zeit- 
verlustes, der Kostspieligkeit und Gefährlichkeit der Reise) zu erreichen 
war, möglichst zu erleichtern. Zu diesem Zwecke gestatteten sie den 
Bürgern, jeden auswärtigen Schuldner, dessen sie in der Stadt habhaft 
wurden, falls er die fällige Schuld auf Ansprache nicht gutwillig zahlte, 
unter Zuziehung des Richters oder seines Büttels, und wenn diese 
nicht zur Stelle waren, eigenmächtig, schließlich auch unter Anwendung 
von maßvoller Gewalt, doch wohl regelmäßig mit Unterstügung von 
  
!) Fr. Göbel, Die Missionspredigten des Franziskaners Berthold von Regens- 
burg? 1873, Bd. I, 100. 
?) Die Wendung unseres Artikels 9: „swi er sein geschol sei“ umschreibt 
die Erl. des Stadtbriefes 1539 mit: „einen, der Ime schuldig ... ist, dergleichen, 
der Ime gellt oder gellts werth aus seinem haus getragen hette“. 
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