Volltext: Das Passauer Stadtrecht

  
  
  
  
  
  
Einen wirksamen Schuß für den bürgerlichen Frieden erblickte 
die mittelalterliche Stadtgeseggebung auch darin, daß sie die materiellen 
Lebensnotwendigkeiten der Stadtbewohner nach Möglichkeit sicherte 
und dafür sorgte, daß der Austausch der Lebensmittel, Rohstoffe und 
Produkte zwischen Stadt und Land sich reibungslos. vollzog. Die 
behördliche Beaufsichtigung des gesamten Wirtschafts- 
verkehrs und Marktlebens durch Gewerbekontrolle und 
Warenschau, also Sicherung der Reellität im geschäftlichen Verkehre 
durch öffentliche Beglaubigung von Maß und Gewicht und Güte der 
Waren und die Konzentrierung des Handels auf die amtlichen 
Verkehrspläge unter die Augen der Gesamtheit waren 
dabei Hauptgrundsäge, um die Ehrlichkeit des Handelsverkehrs zu 
gewährleisten. Vor allem suchte man den verteuernden Zwischen- 
handel auszuschließen oder einzuschränken, um den Bürgern billigen 
Einkauf für die eigenen Bedürfnisse zu ermöglichen nach dem alten 
Prinzip des städtischen Marktrechtes, daß den Stadtbewohnern soweit 
als nur möglich die Gelegenheit geboten werden müsse, aus erster 
Hand zu kaufen. Die polizeilichen Bestimmungen zeigen so eine dem 
Großhandel feindliche Tendenz und bekunden eine gesunde Mittel- 
standspolitik. Mit Schärfe wenden sie sich gegen jede Art spekulativen 
„Vorkaufs“, sei es daß sie mit Betonung des Marktplagzwanges den 
Aufkauf der zum Markte bestimmten Waren bis zu einer gewissen 
Entfernung von der Stadt, ebenso vor den Toren und in den Straßen 
verbieten!) oder auch. auf dem Markte selbst den Einkauf im großen 
oder an Wiederverkäufer erst dann gestatten, wenn die Bürger ihren 
Hausbedarf befriedigt haben oder nach den offiziellen Marktstunden, 
wenn das „huetl nicht mehr da stekchet“?), noch Vorrat vorhanden 
ist). Das Münchener StR. 1340, art. 412 erlaubt den Bräuern über- 
haupt nicht, an dem Markte Gerste oder Hafer zu kaufen. 
Auch der art. 7 des Passauer StR. wendet sich gegen den Vor- 
kauf. Das Wort begreift hier wohl weniger den gewinnsüchtigen 
Spekulationsaufkauf von Handelsartikeln des täglichen Lebensbedarfes 
ı) So auch die vom Passauer Stadtmagistrat mit Genehmigung des Bischofes 
Leonhard im J. 1449 erlassene Verkaufsor nung (StA. Passau II, Nr. 6, S. 63, ab- 
gedr. bei Erhard II, 266 {f.). 
2) StR. von Efferding 1415 (Strnadt, Peverbach, 618). 
3) Schon das älteste Beispiel der Vorkauifsgeseggebung, die Wormser Urkunde 
von 1106/7, die Einsegung einer Fischhändlerzunift betreffend (abgedr. bei Keutgen, 
5. 351) bestimmt, daß die dortigen Fischhändler vor der Prim keine Fische kaufen 
dürfen. Vgl. auch die Fleischhauersagung zu Tulln v. J. 1237 bei G. Winter, Beitr. 
S. 6f., die Polizeistatuten von Meran (14. Jh., $ 1 bei Gengler, StR. 289); den Frei- 
heitsbrief Kaiser Ludwigs des Bayern für den Markt Kößgting (Verh. d. hist. Ver. 
f. Niederb. 22. Bd., 1882, S. 167). Allgemein über Bestimmungen betr. des Fürkaufs: 
Maurer, Städteverf. II, 8 406; R. Kögschke, Grundzüge der deutschen Wirtschaftsgesch. 
bis zum 17. Jh., Berlin? 1923, S. 126; Inama-Sternegg, WG. 3. Bd., 2, S. 247 If., 252 1, 
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