Volltext: Das Passauer Stadtrecht

  
  
  
  
  
  
  
wirtschaftlichen Verhältnissen, also einsog. Urrecht, das 
seinerseits für andere abhängige Rechtsgebiete richtung- 
gebendes Vorbild wurde. Nur für vier Artikel gelang es mir 
eine unmittelbare, zum Teil wörtliche Entlehnung nachzuweisen. Das 
gilt besonders für art. 37: „Niemmen mag eins andern mans gut in 
siner gwalt verwurkchen...“. Als Vorbild diente hier unbestreitbar 
der Schwabenspiegel!), der ja dank seiner weiten Verbreitung von den 
Richtern Süddeutschlands „als wichtigste Offenbarung in allen schwie- 
rigen Fragen zu Rate gezogen wurde“ (Knapp 222)%). Ebenso lehnt 
sich art. 36 des StR. in seiner Bestimmung über das „varund volkck, 
daz gut fur er nimt,“ materiell wie formell eng an Schwsp. art. 310 
an?). Auch bei art. 24: „Swer einem chlagaer enbrist mit reht, der sol 
dem Richtaer ouch enbrosten sein umb diu ansprach“ wird man die 
enge Beziehung zu c. 115, I des Schwabenspiegels: „Volfürt er (=der 
Kläger) aber sein klage und embristet er (= der Verklagte) im mit 
recht, So ist er dem richter nit schuldig“ nicht verkennen. Noch eine 
zweite Quelle läßt sich für das neue Passauer StR. erschließen, mit 
der von vornherein gerechnet werden mußte: die ältere Landfriedens- 
geseßgebung Baierns. Steht ja auch sonst fest, daß sie auf die öster- 
reichische und baierische Stadtrechtsgeseggebung eingewirkt hat. Art.14 
des Passauer StR. hat in dem baierischen LF. von 1281, 8 60 ein un- 
verkennbares Vorbild?). Abgesehen von den angegebenen Stellen 
ist m. E. das neue Passauer Stadtrecht und, soweit ich sehe, auch das 
von 1225 in seiner formalen Gestaltung und stofflichen Gruppierung 
vollkommen selbständig. Über die zahlreichen materiellen Berührungen 
mit den Bestimmungen anderer baierisch-österreichischer Rechtsdenk- 
mäler, die sich aus der trog so vieler lokalen Unterschiede doch bestehen- 
den Einheitlichkeit größerer Rechtsgebiete auch des spätmittelalterlichen 
Deutschlands erklären, sollen die Erläuterungen zu den einzelnen 
Artikeln unterrichten. Der Einfluß hingegen, den das Passauer 
StR. auf andere Rechte des großen Fürstbistums als Mutter- 
recht ausgeübt hat, läßt sich am besten an dem StR. von 
St. Pölten vom Jahre 1338 und an dem Rechte von Percht- 
holdsdorf (südlich von Wien) erweisen. Von ersterem wurde 
_ nämlich in seinen Artikeln 1—45 weitaus der größte Teil des Passauer 
StR. von 1299 (nur 10 Artikel fehlen) meistens wörtlich entnommen 9; 
die Parallelen des legteren führen auf dem Wege über das St. Pöltener 
StR. oder eine andere mit diesem übereinstimmende Vorlage auf die 
*) Entstanden jedenfalls vor 1276, vgl. Schröder—v. Künßberg, 728 f. nebst 
dortiger Lit. 
?) S. die Stelle in der Erl. zu dem einschlägigen Art. des StR. von 1299. 
9) Sehr gut läßt sich das Verhältnis der beiden StR. zueinander in der Aus- 
gabe des St. Pöltener Stadtrechtes von G. Winter in Blätter d. Ver. f. Landesk. 
von Niederösterr. NF. 17. Jahrg. (1883), S. 411 ff., überblicken. 
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Ds
	        
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