Volltext: Das Passauer Stadtrecht

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
treibenden Kräften ihrer Entwicklung zählt, dafür sprechen überzeugend 
die angeführten Quellenbelege. Einen deutlichen Fingerzeig in dieser 
Richtung gibt auch die Benennung, unter welcher der von der Bürger- 
Schaft 1298 eigenmächtig geseßte Stadtrat in dem Schiedsspruche des 
Königs Albrecht erscheint; als „consilium juratorum“, in deutscher 
Fassung als „Rath der geschwornen Bürger“, bezeichnet ihn die Ur- 
kunde (MB. 28b, 424 bzw. 427). Einem Gebilde, das also in urwüchsigem 
Werden seit langem heranreifte, wollten die aufrührerischen Bürger 
gewaltsam den Weg eröffnen. Ihr Aufstand hat die Geburtsstunde 
der magistratischen Stadtverfassung Passaus zunächst nur verzögert, 
wenn man auch aus allem erkennt, daß die bürgerliche Selbstverwaltung 
sich nicht mehr restlos beseitigen ließ, sondern bloß zurückgedämmt 
weiterbestand, bis sie 1368 vollrechtliche Anerkennung fand. Um ein 
ganzes Menschenalter früher sollte die passauische Tochterstadt St. Pölten 
in Niederösterreich, die Bischof Albert I., Prinz von Sachsen, 1338 mit 
einem Stadtrecht begabte, das in seiner ersten Hälfte eine ziemlich 
getreue Entlehnung des Passauer StR. von 1299 ist, ihre Selbstver- 
waltung unter einem Stadtrate durchsegen. Gerade ihr loyaleres Ver- 
halten hatte sie eher zum Ziele geführt. Daß auch ihr Stadtrat im Stadt- 
rechte unter der Bezeichnung „Geschworene“!) erscheint (art. 1, 47, 
50, 51, 52, 58), mag ein weiterer Wink sein, besonders in gericht- 
lichen Elementen, die Grundlage auch der Passauer Stadtverfassung 
zu suchen, da sich ja auch sonst gerichtliche Institute korporativ?) 
ausgestaltet haben. 
e) Die Organe des Stfadigerichfes. 
Als Einzelorgane der städtischen Gerichtsbarkeit, die 
dem Bischofe als oberstem Gerichtsherrn unterstehen, sind in dem neuen 
Stadtrechte genannt: 
1. Der Stadtrichter®): Seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts 
bezeugt, ist er noch jegt des Bischofes erster städtischer Beamte und 
verwaltet, von ihm ernannt und an seiner Stelle, das städtische Ge- 
_meinwesen, wobei eine eigentliche Trennung der richterlichen, polizei- 
!) Stadräte und Gerichtsschöffen sind auch die Jurati civitatis in niederbaie- 
rischen und österreichischen Städten, wie Dingolfing, Landshut, ‚Enns, Linz, Wien 
usw.; s. Haeutle, 219; v. Below, Die Entstehung der deutschen Stadtgemeinde, 
Düsseldorf 1889, S. 94; L. v. Ebengreuth, 209. 
?) So haben sich z. B. in Mühldorf, Salzburg, Traunstein, Burghausen die 
Genannten („denominati“) zum Stadtrat entwickelt; vgl. auch K. Wahle, Die Wiener 
„Genannten“ als Urkundspersonen in MJÖG. 34. Bd. (1913), S.642%1 
3) Über dessen Stellung im allgemeinen vgl. betreffs Baierns Rosenthal, Gesch. 
d. baier. Gerichtsw. I, 155 ff.; betr. des österreich. Rechtsgebietes L. v. Ebengreuth, 
202 f., 225 £. 
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