Volltext: Das Passauer Stadtrecht

  
  
  
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sein Gewerbe, Handel und Verkehr ließ sich auf die Dauer ohne Mit- 
hilfe aus der Mitte der ansässigen, mit den örtlichen Verhältnissen 
vertrauten Bevölkerung nicht politisch beherrschen. Die Passauer Stadt- 
herren, welche nachweisbar bereits seit dem 12. Jahrhundert (s. Erhard 
I, 102), wohl aber auch längst vorher, angesehene Bürger zu wichtigen 
Staatshandlungen und ihrer Beurkundung beizogen, sahen sich schon 
Irüh gezwungen, neben ihren Ministerialen für die Handhabung der 
Markt-, Lebensmittel- und Sittenpolizei, die Kontrolle der Maße und 
Gewichte, die Verteilung und Eintreibung der Steuern, die Verwaltung 
der Güter und Einkünfte der Stadtgemeinde, für die städtische Gerichts- 
verwaltung, besonders den Schöffendienst und die Eideshilfe, und 
andere Aufgaben auch die Bürger oder bürgerliche Ausschüsse bei- 
zuziehen. So wurde 1209 zur Einhebung der Konsumtionssteuer für 
den Bau der Stadtmauer von Bischof Mangold eine gemischte Kom- 
mission von 8 Domherren, 2 Ministerialen und 24 Bürgern gebildet 
(MB. 28b, 283); 1231 übertrug Bischof Gebhard der Passauer Bürger- 
schaft die Brotpolizei, so daß Vergehen der „panifices in panificio ... 
secundum sententiam et consilium civium corriguntur“ (MB. 29b, 73 {.), 
und 1259 verfügte Otto von Lonsdorf bei Erneuerung der Bäcker- 
ordnung, daß dem Stadtrichter bei der Brotkontrolle 2 Bürger und 
2 Bäcker beigegeben würden; nach dem StR. von 1225 (art. 6) fungieren 
neben 2 Domherren und 2 Ministerialen 4 Bürger im Begnadigungs- 
ausschuß, ebendort (art. 19) entscheiden 2 „meliores“, wohl angesehene 
Gemeindemitglieder, mit dem Stadtrichter über die Zulässigkeit der 
Appellation vom Stadtgericht an das bischöfliche Hofgericht; ebenso 
spielen dort (art. 20 u. 32) bei den Vergehen des Totschlages und der 
Körperverlegung, besonders für Notwehrfälle, die auch sonst in öster- 
reichisch-baierischen Städten als qualifizierte Zeugen bei erheblicheren 
Rechtsgeschäften vertretenen „denominati“ eine wichtige Rolle, ein 
von Fall zu Fall vom Stadtrichter zur Eideshilfe berufener Ausschuß 
von 20 viri ydonei, die wohl in der Hauptsache dem Kreise der Bürger 
entnommen waren. Von derartigen bürgerlichen Ausschüssen, deren 
Konstitution ursprünglich entweder für jeden einzelnen Fall oder für 
einen recht eng begrenzten Wirkungskreis erfolgte, war leicht der 
Schritt zu ständigen Gemeindeausschüssen mit allgemeinen administra- 
tiven Funktionen oder zur Institution des Stadtrates getan, so daß 
dessen Entstehung auf naturwüchsigem, spontanem Wege nur mehr 
eine Frage der Zeit sein konnte. Die ruhige, zeitgemäße Weiterent- 
wicklung der vorhandenen Keime und Ansägße wurde allerdings infolge 
des neuen, äußerst blutigen Bürgeraufstandes vom Frühjahr 1367 über- 
holt oder vereitelt, da Passau nach dieser 2. Revolution wie so manche 
andere einstige Römerstadt?) nun schließlich auf der Brücke eines 
1) Vgl. Schröder-v. Künßberg, 694 nebst dortiger Lit, 
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