Volltext: Das Passauer Stadtrecht

omni civitate vel oppido Alamannie communia consilia, magistros 
civium seu rectores ‚., qui ab universitate civium sine archiepiscoporum 
vel episcoporum beneplacito constituuntur“, eines Reichsgesebes, das 
infolge der bürgerlichen Freiheitsbestrebungen gerade in den Bischofs- 
städten für die geistlichen Stadtherren gewissermaßen politische Not- 
wendigkeit war, aber gleichwohl den Fortschritt der Zeit nur vorüber- 
gehend aufzuhalten vermochte, wie außer Passau auch das Beispiel 
von Köln, Straßburg, Konstanz usw. beweist!). Dem Bischofe war 
also nach dem königlichen Schiedsspruche die volle Souveränität über 
die Stadt‘ zurückgegeben und die Bürger unterwarfen sich gedemütigt 
den vorgeschriebenen Bedingungen. Sie hatten ihre Wünsche nach 
autonomer bürgerlicher Stadtverwaltung vorläufig noch einmal zurück- 
stellen müssen und erst nach noch schwereren Opfern an Gut und 
Blut in einem neuen Aufstande und reichlich zwei Menschenalter später 
erreichten sie endlich unter der Regierung des Bischofs Albert von 
Winkel am 21. April 1368 durch den Spruchbrief der österreichischen 
Herzoge Albrecht II. und Leopold des Frommen die Einsegung eines 
Stadtrates und Bürgermeisters aus angesessenen Bürgern und damit 
eines der wesentlichen Elemente der städtischen Freiheit, das Haupt- 
institut der bürgerlichen Stadtverfassung, obgleich unter der Ober- 
herrschaft des Fürstbischofes als des einzig rechtmäßigen Herrn der 
Stadt Passau (MB. 28b, 515 {f.). 
Wenn aber auch der erwünschte verfassungsrechtliche Erfolg durch 
den Bürgeraufstand von 1298 noch nicht erzielt wurde, einen wesent- 
lichen Fortschritt für Passaus innere Geschichte hat er doch gebracht: 
die Erneuerung und den Ausbau der früheren Gerichtsordnung, vor 
allem im Sinne der Begünstigung der angesessenen Bürger, dazu wich- 
tige neue Bestimmungen über Erwerbung des Bürgerrechtes (art. 53 
u. 54), die Stellung der „Gäste“ (art. 9, 42, 46), des Gesindes (art. 8, 
32, 41, 42), den Handelsverkehr (art. 7), das Wirtshausleben (art. 15, 
30, 34, 48), über Erwerb und Veräußerung von Eigen (art. 49, 50, 51), 
über das Schuldrecht (art. 9, 17, 18, 19, 25) usw. Denn am 15. August 1299 
erließ Bischof Wernhard, um fortan ein friedlicheres Verhältnis zur Bürger- 
schaft der Stadt zu gewinnen, nach vorhergehender Beratung mit seinem 
Domkapitel und seinen Ministerialen auf Ersuchen der Bürger ein neues, 
gegenüber dem früheren Stadtbriefe in vielen Punkten fortgeschrittenes 
Stadtrecht, welches als „Bischof Wernhards Stadtbrief“ fortan in Gel- 
tung blieb und auch durch künftige Neuordnungen?) der städtischen 
1) Vgl. Maurer, Städteverf. I, 174 ff. 
2) Österreichischer Spruchbrief vom 21. April 1368 (MB. 28b, 515 ff.), der 
sog. Fünferspruch unter Bischof Leonhard von Layming 1432 (a. a. O0. 522 f.), 
der Passauer-, Achter- oder Bischof Leonhardsspruch vom 24. September 1443 
(a. a. O. 529 f.), der „Geheime“ oder Kaiser Maximiliansspruch von 1496 (abgedr. 
bei Erhard I, 213—216) und der Baierisch schiedsfürstliche Spruch vom 15. April 
1535 oder das Laudum Bavaricum. 
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