Volltext: Das Passauer Stadtrecht

  
  
  
  
  
  
  
  
  
weit vorauseilenden Städtetum, durch die immer mehr sich einbürgernde 
Geldwirtschaft an Stelle der alten Agrarwirtschaft, durch die neue, 
gesteigerte deutsche Kolonisation im Osten. Der den Städten zu- 
fließende Reichtum gab dem Selbstgefühl ihrer Bewohner, die durch 
die stets fortschreitende Laienbildung, durch Handelsverbindungen und 
Reisen weltkundiger und mit den Freiheiten anderer Städte bekannt 
wurden, mächtige neue Impulse und in Furcht für den sicheren Fort- 
bestand ihrer im Rahmen des städtischen Gemeinde- und Rechtslebens 
im Laufe der Zeit errungenen Freiheiten und Vorrechte gegenüber der 
nichtbürgerlichen und ländlichen Bevölkerung verlangte die Bürger- 
schaft die Festlegung der alten Gewohnheiten durch ein Stadtrechts- 
privileg seitens des Stadtherrn. Wohl entglitt ihr gerade zu Beginn 
des 13. Jahrhunderts ein wirksames Preßmittel gegenüber dem bischöf- 
lichen Machthaber, da durch die Bestimmungen des 4. Laterankonzils 
1215 der Einfluß der Laien bei der Bischofswahl ausgeschaltet wurde, 
wenn sie auch noch lange ihren Einfluß bei zwiespältigen Wahlen 
geltend machte. Überdies war die Macht der Passauer Bischöfe ge- 
waltig gestiegen, seitdem ihnen am 24. Januar 1217 das Fahnlehen 
über den weiten Ilzgau durch Kaiser Friedrich II. übertragen und somit 
die Reichsfürsteneigenschaft über dieses Gebiet feierlich verliehen 
worden war‘), seitdem Friedrich II. in seiner politischen Zwangslage den 
Fürsten überhaupt in dem Statutum in favorem principum 1232?) und 
besonders den geistlichen Fürsten in der Confoederatio cum principibus 
ecclesiasticis 1220%) so entscheidende Zugeständnisse auf Kosten der 
königlichen Hoheitsrechte eingeräumt, sie gegen die bürgerlichen Usur- 
pationen städtischer Freiheiten zu schügen bereit war*), Heinrich(VI.) ihnen 
auch 1231, was früher nur den Herzogen und Markgrafen zugestanden 
war, das Befestigungsrecht erteilt hatte>). Bischof Ulrich II. (1215—1221) 
hatte der reichsrechtlichen Bestimmung sogar noch vorgegriffen, als er 
zu seinem Schuße und besonders als Trugwehr gegen die unbotmäßige 
Bürgerschaft im Jahre 1219 den im Norden der Stadt steil aufragenden, 
felsigen St. Georgsberg befestigte und das dräuende, später Oberhaus 
genannte Bergschloß anlegte®). Unter diesen Verhältnissen und in 
!) MB. 30a, 56 f.= UB. o.E. II, p. 587 f. 
?) MG. Const. II nr. 171 = Altmann-Bernheim, 5. 23 f. 
3) MG. Const. II nr. 73 = Altmann-Bernheim, S. 21 f. 
4) Gesetz gegen die Städtefreiheiten 1231/2 bei Altmann-Bernheim, 420 f. — 
MG. Const. II nr. 156. 
>) MG. Const. II 421 — MB. 31a, S. 548. 
6) Hermanni Altahensis Annales, MG. SS. XVII 387. Ähnlich hatte Bischof 
Manegold schon 1209 die Stadt zum Schutze gegen äußere Feinde, besonders gegen 
den mächtigen Grafen von Ortenburg, der 1209 baierischer Pfalzgraf geworden 
war, im Westen mit einer turmbewehrten Festungsmauer und einem Wall um- 
geben; MB. 28b, 282 f. 
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