Volltext: Das Passauer Stadtrecht

  
Voraussegung jedes selbständigen Handwerksbetriebes war!). Es mußte 
vielmehr die Ausübung der politischen Rechte meist noch nach be- 
währter Erfüllung der Bürgerpflicht durch „Steuren und Wachten“ in 
einem rechtsförmlichen Akt, wie ihn art. 53 des Passauer StR. von 1299 
beschreibt, gewonnen und durch Zahlung des „Burgrechtes“ erkauft 
werden. 
Daneben finden sich jedoch auch leichtere Möglichkeiten 
der Aufnahme ins Bürgerrecht, nämlich ohne besondere For- 
malitäten oder Geldleistung, z. B. bei Bürgersöhnen und für Fremde 
bei Schließung einer Ehe mit einer Bürgerstochter oder einem Bürgers- 
sohne?). Die Heirat mit einer Bürgerstochter privilegiert auch unser 
Art. 54 mit der bedingungslosen?) Verleihung des Bürgerrechtes. Man 
mag für das numerische Verhältnis des männlichen und weiblichen 
Geschlechtes in Passau zur Zeit des Bischofs Wernhard den Schluß 
ziehen, daß legßteres bedeutend überwog, was ja allgemein für das 
spätere Mittelalter in Deutschland und zwar relativ noch mehr als 
heute zutrifft*), so daß die Geseggebung durch obige Vergünstigung mit 
sozialem Verständnis seine Versorgung zu sichern5), andrerseits aber 
1!) Demzufolge hatte auch die Entziehung des Bürgerrechtes den Verlust des 
Rechtes der Ausübung „bürgerlichen Gewerbes und Handwerks in der Stadt Passau“ 
zur Folge; s. Laudum Bavaricum, 8. u. 9: Irrung, f. 29a, 
?)- So nach dem StR. von Memmingen 1396, art. 38 (v. Freyberg, V, 300 f.). 
3) Einen wertvollen Beweis dafür, daß zwar in die Stadt Passau Zugewanderte 
erst nach besonderer, rechtsförmlicher Ablegung des Bürgereides und Zahlung des 
Burgrechtes, aber mit einer Bürgerstochter (oder -witwe) Verheiratete grund- 
säblich Ohne weiteres Vollbürger in Passau waren, bietet eine bereits oben S. 107 
erwähnte Gerichtsurkunde vom J. 1434 (MB. 28b, 443). Der Verklagte, ein Passauer 
Bürger, namens Engel der Letzellter, erklärt, um zu beweisen, daß er den Bürger- 
eid nicht geschworen habe: „einer, der ein wittib zu pazzaw nehme, als er gethan 
heit ..., der bedörff nicht sweren als einer, der mit leib und gut von dem land 
hinein ziehe“. Allerdings mußte seit dem Österreichischen Vermittlungsspruche 
von 1368 jeder 16 Jahre alte Bürgerssohn jährlich nach der Neuwahl der Beamten 
und Stadträte den Bürgereid leisten (MB. 28b, 519) und das Laudum Bavaricum 
(16. bis 18. Irrung, f. 33) bestimmte ausdrücklich, daß mit Bürgerstöchtern und ver- 
witweten Bürgerinnen Verheiratete vor Leistung dieses Eides „Burgerlicher Frei- 
hait nit fähig seien“, Doch entfiel laut der Erl. des Stadtbriefes vom J. 1539, 
art. 52 für sie jede Geldleistung. Denn nur „Wellicher das burgerrecht zu Passaw 
nit erheurat oder Ererbt hat, unnd (= sondern) das sonnst erlanngt, der soll dem 
Richter Sechtzig pheninge unnd dem ambtmann zwelff phening geben“. 
4) Vgl. R. Kögsschke, Grundzüge d. deutsch. Wirtschtsgesch. bis zum 17. Jh.? 
Berlin 1923, S. 127; Inama-Sternegg, WG,., 3. Bd. 1, S. 28. 
5) Ähnlich wurde auch auf dem Ilzstädter Landtage vom 26. Oktober 1256 
bestimmt, daß im Fürstbistume Passau die Heirat eines Vasallen mit einer Aus- 
länderin Nachteile für das Lehenserbrecht der Kinder haben solle (MB. 29b, 224). 
Im übrigen bestand in Passau wohl damals bereits Heiratsfreiheit, nachdem im 
13. u. 14. Jh. auch sonst in Baiern-Österreich den Bürgern das freie Heiraten viel- 
fach zugestanden wurde; vgl. das StR. von München 1294 $ 10, von Nabburg 
1296 (Gengler, StR. 295 und 308), von Enns 1212 (v. Schwind-Dopsch, S. 44), von 
163 
  
 
	        
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