Volltext: Das Passauer Stadtrecht

  
Der Sinn des Zusaßes: „man begreiff diu hütt oder mit ein ander“ 
ist wohl der: der Fürfangstarif für ein Tier ändere sich nicht, ob man 
nun nur mehr dessen Haut ergreife oder das noch ungeschlachtete Tier 
mit Haut. Jedenfalls ist die Erklärung, von H. Zöpfl!): „gleichviel ob 
der Dieb mit oder ohne die Sache ergriffen wird“ nicht zulässig, da 
sie auf der unrichtigen Lesart in MB. 28b, 514 fußt, die „hand“ statt 
„haut“ bietet?). 
Art. 39. 
Gerichtsstand für Klagen zwischen Bürgern. 
„Swelich Purgaer ein andern unsern Pürgaer bechlait in einem 
andern gerihtt umb die sache, da er hie ze pazzow sin reht niht umb 
erlanget hat, swoz der ander des schaden hat genomen, den er be- 
staeten mag, den sol er im ab tun und sol unserm Rihtaer zwelif und 
sehs schilling; hat aber er sin reht hie erlanget, swo man im dann 
von sinem güt rihtet3), da ist er niemmen niht umb schuldikch“. 
bechlagen: verklagen; erlangen: verlangen; des: davon, deshalb; 
abtuen: ersegen, vergüten; niemmen Dativ. 
Der Gerichtsstand des Beklagten richtete sich im deutschen 
Mittelalter insgemein bei Klagen um Schuld nach dem forum contractus, 
d. h. dem Orte, wo der Vertrag abgeschlossen war, bei solchen aus 
Freveln und Ungerichten nach dem forum delicti commissi*); Klagen 
um Eigen mußte der Kläger im Gerichtsgebiete der liegenden Güter 
verfolgen). Darauf bedacht, die eigenen Gerichtseinkünfte nach Mög- 
lichkeit zu vermehren, gewissermaßen stadtgerichtliche Monopole ähn- 
lich wie in Handel und Gewerbe zu Schaffen, strebten die Städte 
besonders seit dem 12. Jahrhundert immer mehr darnach, auch dann, 
wenn ein fremder Gerichtsstand begründet war, Kläger und Beklagte 
an das heimische Stadtgericht zu binden. So verschafften 
manche Städte ihren Bürgern das Privilegium de non evocando cive, 
kraft dessen diese Ladungen in auswärtige Gerichte, außer bei Klagen 
!) Altertümer des deutschen Reichs und Rechts. Leipzig 1860, Bd. I, 208, 
Anm. 17. 
*) Auch mehrere Kopien im Passauer Stadtarchive (StA. II, 2, S.86b; II, 6, 
S. 4a; II, 20, 18a) schreiben unrichtig: „man begreiff die hanndt oder mit annder“. 
3) Vgl. hiezu den Wortlaut der Erl. des Stadtbriefes vom J. 1539 zu unserem 
Art.: „Wo man Ime dann in derselben sachen von unnd auf des beclagten guet 
die billichait ervolgen lässt unnd richt darumb.“ 
4) „Wo sich der Esel wälzt, muß er die Haare lassen.“ (Grimm, RA. II, 514). 
5) „actor sequitur forum rei sitae“; „Wo das Eigen liegt, soll man darüber 
richten“; s. Stobbe, Grundsäbe der deutschen Rechtsquellen über den Gerichts- 
stand (Jb. d. gem. R. 1, 434 f.). 
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