Volltext: Das Passauer Stadtrecht

  
  
  
  
  
mehr auf die Leistung anrechnete, wurde es gerne der Kirche als 
„Gottespfennig“, „Heiliggeistpfennig“ zu frommen Zwecken zugewiesen 
oder von den Parteien mit zugezogenen Zeugen — charakteristisch 
tür das Trinkbedürfnis der Deutschen — sofort in Obstwein (= „lit“, 
„leit“), Wein, Bier, usw. vertrunken, woher das Drangeld die be- 
zeichnenden Namen litchouf, leitchouf, leitkauf, leichauf oder Weinkauf, 
Bierkauf, mercipotus!) erhielt. 
Art. 38. 
Gebühren vom Fürfang. 
„Der fürvanch umb Rökche umb mantel, oder swaz man gwantes 
bei ein ander vindet, ist zwelif phenning, Ein Ros sehs und dreizzikch, 
Ein Rint vier und zwaintzikch, man begreiff diu hütt oder mit ein ander“. 
In unmittelbarem Anschlusse an art. 37 folgt eine Bestimmung, 
welche das Rechtsverfahren bei Besigverlust infolge Raubes 
oder Diebstahles betrifft. In diesem Falle konnte der ursprüngliche 
Besiger die ihm abhanden gekommene Sache, in wessen Hand er sie 
auch traf, unter bestimmten Förmlichkeiten?) vorläufig beschlagnahmen, 
um dann die gerichtliche Verfolgung anzuschließen. Nur die Juden hatten 
das allgemein anerkannte Privileg, eine Sache, die sie durch ein gül- 
tiges Rechtsgeschäft von wem auch immer erworben hatten, erst gegen 
Ersaß ihrer Auslagen beim Erwerbe an den. Eigentümer herausgeben 
zu müssen?). Die Vindikation der unfreiwillig zu Verlust gekommenen 
Sache, wie die damit verbundene Klage, hieß „Anfang“, oberdeutsch 
auch „Fürfang“, von dem Anfassen oder dem Handanlegen an die 
wieder vorgefundene Sache zum Zwecke symbolischer Besigergreifung; 
die gleichen Namen hatte auch die nach dem Werte der beschlagnahmten 
Sache abgestufte Gebühr, welche der Richter nach vielen Stadtrechten 
„um seine Mühe“ zu beanspruchen hatte, besonders dann, wenn das 
gestohlene, geraubte oder sonstwie widerrechtlich angeeignete Gut 
durch das Gericht vindiziert wurde ‘%). 
1) Schmeller-Frommann I, 1536 f. 
°) So: rechtsförmlichem Anfassen (= „anfangen“) und Leistung des Gefährde- 
eides. S, hiezu die Erl. zu art. 47. 
3) Stobbe, Die Juden in Deutschland während des MA} Berlin 1923, S. 119 f. 
*) Vgl. hierüber Maurer, Städteverf. III, 670 f.; Planck, Gerichtsverfahren I, 
824 f.; Schröder-v. Künßberg, 406 f. nebst Lit. Als Belege aus dem österreichisch- 
baierischen Rechtsgebiete s. z. B. das baier. LR. $ 37, 38, 43; Rupr. v. Freis., c. 67, 
69, 76; die StR. von München 1340, art. 71, 75; Regensburg (v. Freyberg, V, 46); 
Wiener-Neustadt, c. 94; St. Pölten, art. 33 nebst Winters Erl. hiezu; ausführlich 
auch das StR. von Augsburg 1276, art. 34 (Chr. Meyer, S. 98 £.) und Osenbrüggen, 
Panteidinge S.36f. Daß die Fürfangsgebühr zuweilen sehr hoch war, beweist 
der Freiheitsbrief des Marktes Untergriesbach vom J. 1456 (abgedr. im Auszuge 
in Abh. d. hist. Ver. f. Niederb. 2. Bd., Heft 1, S. 83), wonach sie bei Ausländern 2/8, 
sonst !); des abgenommenen Wertes betrug. 
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