Volltext: Das Passauer Stadtrecht

geistlichen Gerichtes!). So werden also auch in der geistlichen Stadt 
Passau Ende des 13. Jahrhunderts Ehesachen in erster Linie dem forum 
ecclesiasticum unterstanden sein. Nach dem schlichten Wortlaut des 
Passauer Artikels 31 stehen übrigens kaum schwere eheliche Vergehen 
sittlicher Natur in Frage, sondern eher Streitigkeiten betreffs der Morgen- 
gabe und des Leibgedinges, der Verwaltung des Frauengutes oder 
ehelichen Vermögens überhaupt oder andere Delikte leichterer Art, 
schließlich Zänkereien zwischen Ehegatten und Zerwürfnisse wegen 
_ leichtiertiger Führung des einen Teiles, wegen schlechter Behandlung 
der Frau durch den Mann?), die nach den Quellenbelegen aus der Zeit 
vom 13. bis 17. Jahrhundert bei Hinschius (a. a. O., V, 441, Anm. 1) ge- 
wöhnlich der Jurisdiktion der Sendgerichte unterstanden. 
Einen guten Einblick in den Bereich der geistlichen Gerichtsbarkeit 
und deren Verquickung mit weltlichen Rechtsfragen im Gebiete des 
Passauer Bistums zur Zeit des ausgehenden Mittelalters gewährt das 
Formelbuch des Bischofs Leonhard von Layming (1423—1451)®). Daß 
damals noch das eheliche Güterrecht wenigstens teilweise der kirch- 
lichen Jurisdiktion unterstand, zeigt Nr. 75, wo Bischof Leonhard die 
Verschreibung einer gewissen Christine an ihren Gemahl, die Morgen- 
gabe betreffend, bestätigt. 
Art. 32. 
Züchtigungsrecht des Brotherrn über sein Gesinde. 
„Swer einen kneht oder ein dirne in sinem brot hat, swoz er 
mit den zurnet an gewoffentiu hant und an den tot, da ist niemmen 
niht umb schuldikch“. 
SwOz er mit den zurnet an gewolffentiu hant: wie er sich auch an diesen im 
Zorne vergeht ohne bewaffnete Hand; hinter ist erg.: er. niemmen = Dativ; 
vgl. art. 34, 39. 
Dem Hausherrn stand wie gegenüber Frau und Kindern auch 
gegenüber seinem häuslichen Gesinde*) im Mittelalter als Rest des 
Irüheren unbeschränkten Herrenrechtes über die unfreie Dienerschaft 
eine gewisse Hausjustiz zu, die sich manchmal in Freiheits- 
und Geldstrafen, besonders aber und zwar bis an die Grenze 
1) Keutgen, S. 168. 
?) Betr. des traurigen Loses der Ehefrau im Mittelalter vgl. Grupp, Kulturg. 
Bd. 4, 5. 46f.; Bd. 6, S. 73 f.; auch Knapp, Alt-Regensburg 220 f, 
%) Herausgeg. von Val. Schmidt in Verh. d. hist. Ver. f. Niederb. 33. Bd. (1897), 
247 ff. 
*) In Süddeutschland auch Ehehalten, gebrote Ehehalten, gebrotes Gesinde, 
Brötlinge genannt; s. Grimm, RA. I, 440, 495. 
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