eine Milderung gegenüber dem früheren StR., wenn bei anderen Ver-
gehen im gleichen Falle nur die abgeschwächte Acht in Form des
„Botes“ eintreten soll‘).
Art. 23.
Strafe für Rechtsverweigerung.
„Swer dem andern daz geriht verstet, der sol dem Rihtaer zwelif
und sehs schilling und dem chlagaer sin phenning“.
Der Ausdruck „das Gericht verstehen“ heißt zunächst wörtlich, dem
Kläger mit Gewalt den Zugang zum Gericht verwehren; er kann aber
vermutlich die verschiedensten Formen der Rechtsverweigerung in sich
schließen: den Ungehorsam gegenüber der Vorladung, die Weigerung
in die gerichtliche Verhandlung einzutreten oder die begonnene {fortzu-
segen, die Widerseglichkeit gegen die Erfüllung des ausgesprochenen
Urteiles usw.?). Geldstrafen waren übliche erste Mittel des Gerichtes,
sich Gehorsam zu verschaffen, besonders gegenüber dem ladungs-
ungehorsamen Beklagten, der auch hier in Frage stehen könnte3). Das
StR. von St. Pölten, art. 20, welches die Bestimmung des Passauer
StR. von 1299 entlehnte, verfügte: „Wer daz gericht irr&t, daz ain recht
nicht vollbracht wirt, daz ain man hinz dem andern zu klagen hat,
bringt er, daz im ain recht verzogen ist, der sol der klag verfallen sein
und dem richter 72 3“. Es ist dies die gleiche Geldstrafe, wie sie die
Passauer Gerichtsordnung von 1536 bei Ungehorsam gegen die 1. La-
dung androht. Das gerichtliche Wandel von 6 sh 12 3 in unserem
art. 23 beruht wohl auf der Wette des alten fränkischen Grafenbannes
(s. His, 623). Auch der Ssp. I, 53 8 1 und der Schwsp. 93 verfügen, daß
dem Richter wetten (= zahlen) müsse, wer auf gerichtliche Ladung
nicht erscheint; ebenso das Münchener StR. von 1340 und zwar 72 A
nach den zwei ersten Ladungen (art. 4), geringere nach dem ersten
Fürbot (art. 258), wie überhaupt die Geldstrafen vielfach in steigender
Höhe für die einzelnen Ladungen abgestuft waren*). Ungehorsam auch
*) Auf Kriminalverbrechen beschränken die Acht auch andere süddeutsche
Rechtsquellen; s. His, 448 f.; Hasenöhrl, LR. 212.
°) Vgl. auch das StR. von Augsburg 1276, art. 62 (Chr. Meyer, S. 130), wo
die Wendung im Sinne von „einem Rechtssprechung verweigern“ gebraucht wird.
%) Vgl. auch die Passauer Gerichtsordnung von 1536, tit. III, 10: „Es mag
der klager begern, Das Richter den ungehorsamen anntworter (= Beklagten) durch
geldstraff zu gehorsam bring ...; es soll Richter dem Anntwurter fürs Erst zu er-
scheinen bey zwen unnd sybentzig pfenning pieten. Zum anndern, wo er dem
ersten pot ungehorsam sein würd, bey ainem pfundt und zwelif pfenning. Und
zum dritten bey Fünff Pfund unnd sechzig pfenning“.
*) In manchen Stadtrechten allerdings erwuchs die Bußpflicht erst nach der
legten Ladung und wurde dann ohne weiteres die Grundlage der strafrechtlichen
Zwangsmittel (Planig, Vermögensvollstreckung 109).
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