Volltext: Das Passauer Stadtrecht

  
  
  
den Fall der Huldverweigerung!). Alle Güter des flüchtigen, ge- 
ächteten Mörders also, der innerhalb Jahr und Tag keine Begnadigung 
erlangt, verfallen der öffentlichen Gewalt; deshalb underwindet sich 
die Behörde alles seines Gutes (art. 1) und nicht nur eines Wertes 
von etwa 30 @%. Die „Wüstung“, d. h. die Zerstörung seines Hauses 
und seiner Güter durch Feuer oder Niederreißen, wird zwar nicht er- 
wähnt, obwohl sie auch in dieser Zeit noch üblich ist?). Da sie aber 
seit dem 13. und noch mehr seit dem 14. Jh. in den Städten immer mehr 
als lästig empfunden und deshalb eingeschränkt oder ganz aufgegeben 
wurde), könnte man auch für Passau ihre Abschaffung vor der Zeit 
unseres Stadtrechtes annehmen. Immerhin aber ist zu beachten, daß 
nach art. 13 des StR. von 1225 bei Begünstigung eines Hausgenossen 
(Sohnes, Knechtes oder Gastes) nach Missetat auch das Haus des Her- 
bergers Genugtuung leisten muß *). Also bestand wohl damals in Passau 
‘noch die Wüstung des schädlichen Hauses. 
Die Voraussetzungen der Acht regeln sich zweifellos auch 
hier nach den allgemein üblichen Normen. Sie betreffen fast durchweg 
den abwesenden Missetäter, der sich eines schweren Verbrechens 
schuldig gemacht, trog mehrfacher (dreimaliger) Ladung nicht vor Ge- 
richt erscheint und dann durch gerichtliches Urteil („mit reht“) wegen 
Ladungsungehorsams in die Acht erklärt wird®). Der Kreis der Ver- 
brechen, welche bei Ladungsungehorsam die Ächtung des Misse- 
täters verwirken, ist in Passau auf sechs schwere Fälle beschränkt®): 
Totschlag, Raub, Diebstahl, Fälschung, Straßenraub und Brandstiftung. Es 
sind dies „die großen Sachen oder Dinge“; die todeswürdigen Fälle, 
') „quod si non fecerint, omnia illius (= proscripti) bona in nostram cedent 
continuo potestatem“. His (428, Aum. 5 und 627, Anm. 10) statuiert einen Gegen- 
saß zwischen dem Passauer StR. von 1225, art. 6 und 1299, art. 1. Er entfällt, 
wenn man die Leistung von 10 £ an den Stadtrichter (und 20 @£ an den Stadt- 
herrn) nur für den Fall der Begnadigung annimmt, die doch wohl auch in art. 1 
vorausgeseskt ist. 
”) Baier. LF.: 1244, art. 23; 1256, art. 24; 1300 871 (Qu. u. Er. V, 82, 145; 
VI, 121 = Rockinger, S. 41, 78); österreich. LR.. art. 67 (v. Schwind-Dopsch, 72); 
StR. von Regensburg 1230 $ 2 (Gengler, StR. 373; s. auch Knapp, Alt-Regensburg 
177 f.). Vgl. ferner die Willkür von Soest um 1250 (Gengler, StR. 441; Keutgen, 
S. 140 8 20); das StR. von Eisenach um 1283 (Gaupp, Deutsche Stadtrechte des 
MA,, 5.197) und dazu Gust. Schmoller, Deutsches Städtewesen in älterer Zeit 
(Bonner staatswissensch. Untersuch., Heft 5) 1922, S. 58. 
3) His, 425 f. 
*) „hospes quam ipsius hospitis domus pro insolentia satisfaciant commissa“. 
5) Ssp. I, 67 82; 68 8 1; Schwsp. 101 $2, 107; Rupr. v. Freis., c. 212; öster- 
reich. LR. art. 3; viele Stadtrechte, z. B. Enns 1212 (v. Schwind-Dopsch, 43); Wien 
1221 $ 6 (Gengler, StR. 531); Wiener-Neustadt, c. 1. 
°) Nur für sie gilt die eigentliche Acht, bei leichteren Vergehen und Ladungs- 
ungehorsam dagegen das „Bot“. 
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