stulungen unterschieden werden können?). Die österreichisch-baierischen
Quellen des 13. und 14. Jahrhunderts unterscheiden so eine Stufenfolge
der milderen und strengeren Acht, einen „fürban“ und die eigentliche
Acht. Diese tritt ein, falls nach einer gewissen Frist keine Lösung
aus dem Vorbann erfolgt, und wird feierlich auf Märkten und in Kirchen,
durch Läuten der Kirchenglocken, öffentlichen Anschlag oder Ausrufen
und Eintragung ins ‚aechtpuoch‘, durch Zustellung des Achtbriefes ver-
kündet?). Nach Jahr und Tag erfolgt die. volle Friedlosigkeit®).
Das Passauer Stadtrecht stellt der eigentlichen „aeht“ als ab-
geschwächte Form das „bot“ (art. 18, 21, 22, 45) gegenüber,
das bei Schuldsachen, Verwundungen und leichteren Vergehen ver-
hängt wird, sobald besonders Ladungs- oder Urteilsungehorsam *) vor-
liegt. Es ist identisch mit Stadtverweisung und begreift als Stadtacht
wie die gemeine Acht das Hausungs- und Speiseverbot und den Ver-
lust der persönlichen Unantastbarkeit, dieser vornehmsten Bürger-
qualität, in sich5). Ohne Einwilligung des Klägers kann der Richter
weder den verbotenen noch den geächteten Mann daraus lösen (art. 45).
Die eigentliche Acht andrerseits ist in Passau mit den schwersten
Folgen verbunden. Der Ächter gilt persönlich als völlig friedlos, „wer
in ze tot sleht, der bezzert den niemen“, d.h. ist niemandem dafür
verantwortlich. Der wegen Totschlages Geächtete wird im Falle seiner
Festnahme nicht mit dem Schwerte, sondern mit dem Strange gerichtet
(art. 24 des StR. von 1225)®). Die Fronung oder Konfiszierung
seines Eigenvermögens war wie in anderen oberdeutschen Rechten”)
Ächterlos und ist klar ausgesprochen in art. 6 des StR. von 1225 für
1) Darüber v. Künßberg, Die Acht. 1910; E. Mayer, Deutsch-französ. Ver-
fassungsg. 1899, Bd. I, 212 ff.; His, 429 f.
2?) S. StR. von Wien 1221 8 34 (Gengler, StR. 334); 1340 8 8 (Bischoff, 195);
baier. LF. 1244 823; 1256 8 24 (Qu. u. Er. V, 82, 145 = Rockinger, S. 41).
3) Baier. LF. 1244 859; 1256 $8 28.
4) S. Erl. zu art. 19.
5) Dem Bürger wurde im Falle der Ächtung naturgemäß das Bürgerrecht
entzogen, da er ja als friedlos auchrecht- und ehrlos war. — Es trat überdies Ver-
lust des Bürgerrechtes, wenigstens später, auch sonst und zwar nicht nur bei der
Verurteilung zum Tode sondern auch bei Zuerkennung einer Leibesstrafe ein
(vgl. Laudum Bavaricum, 8. u. 9. Irrung, f. 28b f.); ebenso wurde diese Strafe bei
Flucht wegen Malefizvergehen verhängt. Dagegen sollten Bürger, die im Falle
von Schuldklagen „oder annder Burgerlicher sachen wegen, so khain offenwar
unnd khundtpar, beganngen an Leib unnd Leben, straffwirdig Malefitz berurten“,
Ireiwillig die Stadt mieden, doch innerhalb Jahr und Tag zurückkehrten, nach
einem Zusaggeseße des Bischofes Ernst von Baiern zur Erl. des Stadtbriefes 1539,
f. 134a fortan des Bürgerrechtes teilhaftig bleiben. Vorher bestand jedenfalls eine
derartige Vergünstigung nicht.
©) Homicida quilibet, si proscriptus pro homicidio deprehensus fuerit, sus-
pendetur“.;
7) Belege bei His, 427, Anm. 7.
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