Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

106 
Thut Jesum verdammen, der vom höchsten Stammen, 
Zum schmähligsten Tod. O Gott! 
11 Uhr. 
Um eils Uhr betrachtet, daß Jesus dermaßen 
Von Juden gegeißelt auf ofsenerStraßen, 
Mit Ketten und Geißel, das schuldlose Waijel. 
Die Ursach allein wir sein! 
12 Uhr. 
Ach Christum betrachtet! Gott wird gar gekrönet 
Mit Dornen und gleich einen Narren verhöhnet. 
Nimm dieses zu Herzen, was Gott doch für Schmerzen 
Wegen uns'rer Sund' empfindt! 
1 Uhr. 
Das Urteil wird g'sprochen. Es hilft gar kein Klagen. 
Mein Jesus muß das schwere Kreuz hinaustragen, 
Wo er drauf muß sterben. Kein Gnad kann erwerben. 
Nehmt dieses zu Herz, was Schmerz! 
2 Ubr. 
Am Stamme des Kreuzes thut Jesus schon hangen, 
Der niemals ein Uebel noch Sünd hat begangen. 
Nur unsere Sünden thun ihn al\o binden. 
Die Ursach allein wir fein! 
3 Uhr. 
Seht! Jesus thut jetzund das Zeitliche enden, 
Sein' Seele dem himmlischen Vater zusenden. 
Hat des Teufels Ketten 'schon völlig zertretten. 
Nun ist's vollbracht. Betracht! 
4 Uhr. 
Nun, Mensch, thu aufstehen, die Zeit ist vorhanden. 
Betrachte was Jesus für uns ausgestanden! 
In Gottsnam' aufwachet! Das heilige Kreuz machet! 
Betracht' Christi Pein allein! 
Es sind das keine kunstvollen Verse, aber aus ihnen 
weht die gute alte Zeit mit ihrem frommen Kinderglauben 
Die modernen Leser lachen dazu. In Gluck unü Ewigkeit 
aber lachen die, welche diese Verse horten und ihren from¬ 
men Sinn verstehend aufnahmen! Wohl ihnen! 
Dieses Lied wurde im Jahre 1864 zum letztenmal in 
den Fastnächten gesungen. Ist überhaupt Schade um dieie