Volltext: Die Lebensgeschichte Franz Stelzhamers 2. Theil [30] (II. Theil / 1932)

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Die Lebensgeschichte Franz. Stelzhamers. 
Mayr, in zweiter Auflage *854 bei Braumüller, gleichfalls in Wien 
und im Jahre *855 im Klassiker-Verlage bei Lotta in Stuttgart — 
zur vermeintlich größeren Verbreitung eingestellt zwischen anderen 
Dialektdichtungen und Dichtungen in der Schriftsprache, worauf noch 
zurückgegriffen wird. 
*. In dieser Ausgabe, nicht unbedeutend verändert und merklich 
verbessert, aufscheinend in unserem zweiten Bande Stelzhamer, VIII. 
„Aus dä tzoamät", von A. Greil prächtig illustriert. 
D' Ahnl 
Diese breit ausgesxonnene epische Dichtung — sie umfaßt über 
*500 Hexameter nebst den eingestreuten Gsängeln und einem Lade- und 
Danksxruch (nach uraltem Original) — dreht sich um ein mit allem 
Glanze altväterlicher, großbäuerlicher Herrlichkeit inszeniertes kochzeilsfest. 
Mit der Ähnl zugleich, die die goldene Hochzeit feiert, tritt 's scheue 
Roadsidl, ihre Lnckelin, vor den Altar. 
Aber so wohl sich die Jubelbraut fühlt bei diesem glänzenden Feste, 
so schwer ist der jungen Braut ums Herz; denn sie folgt ihrem Bräu 
tigam Sexx nicht aus Liebe, sondern einzig, weil es der Wille der Ahnl 
so bestimmt hat. 
Dieser übermannsstarke Wille der alten Bäuerin ist der eigentliche 
Angelpunkt der ganzen Dichtung, die deshalb mit Recht den Namen trägt: 
,,D' Ahnl". 
Fort, aus dem Haus muß der Hias, der Liebhaber, trotz der guten 
Dienste, die er auch in der Wirtschaft geleistet hat; und die Raosidl muß 
den Sexxen nehmen, den die Ahnl für sie bestimmt hat. 
Der wahnwitzige versuch des Hias, mit Hilfe einiger Husaren — 
er hat sich inzwischen zu den Husaren anwerben lassen — sich inmitten 
der Hochzeitsfeierlichkeiten der jungen Braut gewaltsam zu bemächtigen, 
scheitert an dem besonnenen Mut und der riesigen Körperkraft des Bräu 
tigams Sexx, der den Hias persönlich überwindet. Dem starken Beschützer 
ihrer Ehre gegenüber verliert auch Raosidl endlich die Bangigkeit ihres 
Herzens, und so endet das Fest in Freude und Frieden. 
Seit Goethes Hermann und Dorothea ist in deutscher Sprache kein 
volkstümliches Epos von solcher Vollendung geschrieben worden als Stelz 
hamers Ahnl. Die Hexameter darinnen fließen, die Gestalten leben, die 
Dichtung ist Wahrheit durch und durch. Unsere geliebte alte Volkssprache 
aber feiert darinnen Triumphe, wie — der vergleich ist wohl überlegt — 
die jonische Mundart einstens in Homers Gesängen schreibt G. weitzenböck. 
In der Vorrede zu dem bei Totta *855 erschienenen Band 
„Gedichte" sagt Stelzhamer u. a.: 
„Lin paar Worte mehr muß ich dem Schlußgedicht ,,D' Ahnl" vor 
anschicken. Ls ist dieses Gedicht unter allen meinen Gedichten das ein 
zige, das aus einer Absicht entstanden ist, und hätte den Zweck: das öster 
reichische Volk von der ihm von seinen eigenen Kindern angedichteten 
Zartfühligkeit, dem beständigen Belächlungsgrund unserer übrigen deutschen 
Brüder, in etwas frei zu machen. Um diese meine Absicht leichter zu er-
	        
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