Volltext: Die Lebensgeschichte Franz Stelzhamers 2. Theil [30] (II. Theil / 1932)

Der gesegnete Lebensherbst, als Hinterlage Reim und Prosa in Hochdeutsch. 303 
ging alles, was nur einigermaßen konnte und entbehrlich war, in die 
heilige Mette. Eyriak, als er mit den anderen schon eine Strecke vom 
Hause weg war, tat, als wenn er etwas vergessen hätte, und kehrte wieder 
um. Einmal und hauptsächlich war's, daß er sich absondern und dann, 
dachte er, könne es wohl nicht sonderlich schaden, wenn er den Sultan zu 
seinem Abenteuer mitnehme. Ei, der Teufel könnte ja auch einmal mit 
einem Hundebraten vorlieb nehmen! 
„Sultan, komm schön, äuß! Du darfst mit mir ausgehen!" so lockte 
Eyriak am Hinterpförtchen, das bei solchen Gelegenheiten für die Haus- 
leute offen bleibt; aber kein Sultan kam. Er ging durch das pförtchen 
hinein und zum Hundestall, weil er still sein wollte, damit es die zu 
Hause Gebliebenen nicht merken sollten. 
„Sultan, komm!" Aber auch der Stall war leer. Mo mußte doch der 
Hund hingekommen sein? — Es blieb nun nichts anderes übrig, als das 
Abenteuer allein zu bestehen. „Und" — ermahnte oder vielmehr überredete 
sich Eyriak im weitergehen —" was könnte mir denn der Hund auch 
nützen? Das Geweihte ist ja doch nur für den Menschen mit einer 
christkatholischen Seele! Der Hund wäre höchstens für den Teufel Ursach 
und Entschuldigung, in den Kreis zu brechen und mir selbst eins anzu 
hängen!" — „Kurzweiliger" — fuhr er in seinem Selbstgespräche fort — 
„kurzweiliger wäre es freilich gewesen, aber ich fürcht' mich auch allein —" 
Hu! da sprang etwas hart vor ihm über den weg, etwas mit einer 
Menge Füße und zwei kerzengeraden Hörnchen. — In jeder anderen Nacht 
wäre es vielleicht etwas Natürliches, vielleicht nur ein Hase gewesen, aber 
heut! — 
Eyriak erschrak heftig, und als er nachdachte, erfand er es für höchst 
unbillig vom Teufel; denn noch durfte er doch verlangen, daß er un 
angefochten und in Sicherheit wandle. Ach, hätte er doch nur den Sultan 
bei sich! — Jetzt mußte er den Mühlensteig passieren, dem man ohnehin 
nicht viel Gutes nachsagte, weil der betrunkene Spielmann sich darauf 
erstürzt hatte — Hu! wie das wieder kracht und winselt unter den 
Füßen! — Der Spielmann sollte nun etwa gar auf der anderen Seite 
sitzen und aufgeigen, das ginge noch ab! — Nein, doch nicht. Gottlob! 
Jetzt ist nur noch der ebenfalls verrufene Hohlweg zu passieren, dann ist 
wenigstens die Gefahr des Weges vorüber. Aber nachdem erst, nachdem! 
— Eyriak hatte wirklich geglaubt, daß er mehr, und wunderte sich, daß 
er so wenig Eourage habe. Denn aufrichtig gestanden — und es war 
gut, daß es j Kameraden nicht sahen — ihm war recht schauerlich 
zu Mute. Die Höhe war gewonnen. Noch ein paar hundert Schritte und 
er konnte sein Ziel erblicken. — was ist das dort? Ei nichts! Die Nacht 
ist untreu und trügerisch. — Und doch! Es ist schwarz und wankend, und 
— nicht einmal eins, oder — es hat die Fähigkeit sich zu trennen und 
beliebig wieder zusammenzuschließen. Entsetzlich! — Eyriaks Schritte 
wurden zaghaft und unstät, und das je mehr, je näher er kam. — Er war 
schon ziemlich nahe und sieh — jetzt wird es ruhiger, fester! Ach, nur 
wie die zusammengerollte Feder, um dann recht ingrimmig auseinander 
zu schnellen. — Eyriak bekreuzte sich und lispelte noch: „Alle guten Gei —" 
konnte aber den Segensspruch nicht aussprechen — er ward angefallen, fast 
umgerannt von einem Ungeheuer rauh und zottig, mit schweren kralligen 
Tatzen und Augen wie Feuerräder. — Im nächsten Augenblick wird es 
ihn zerreißen und verschlingen! Eyriak war mehr tot als lebendig. — 
Da empfand er plötzlich eine breite warme Junge, die ihm Hände und 
Angesicht beleckte und dazu freudvoll knurrte und mit der mächtigen Nute 
wedelte. — Zu Hause wäre es unfehlbar der Sultan gewesen, aber hier
	        
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